Feinstaub bremst Antibiotika

Luftverschmutzung macht krank und resistent gegen Medikamente

  • Elke Bunge
  • Lesedauer: 3 Min.

Erkrankungen der Lunge, Herzinfarkte, aber auch Veränderungen des menschlichen Gehirns sind Folgen der winzigen Schwebstoffe, die mit der Atmung in den menschlichen Körper gelangen. Allein die Belastung der Außenluft durch Feinstaub führt weltweit zu 3,3 Millionen Todesopfern - jedes Jahr sterben deshalb fünf Menschen pro 100 000 vorzeitig. Doch bei diesen Zahlen ist die Zunahme bakterieller Erkrankungen der Atemwege, die durch Kontakt mit Feinstaub und Ruß ausgelöst werden, und damit verbundene neuartige Resistenzen gegenüber gängigen Antibiotika noch gar nicht mit beachtet.

Diesen Zusammenhang haben jetzt Shane Hussey von der University of Leicester und seine Kollegen festgestellt und in der Fachzeitschrift »Environmental Microbiology« publiziert. Für ihre Untersuchungen nahmen die Wissenschaftler Zellkulturen von Mäusen und untersuchten, wie sich Ruß auf die Bakterienarten Staphylococcus aureus und Streptococcus pneumoniae auswirkt. Dabei handelt es sich um gängige Erreger, die sich besonders im Nasen-Rachen-Raum ansammeln. Dort verbleiben sie häufig in sogenannten Biofilmen, ohne beim Träger Beschwerden auszulösen.

Ist eine Person jedoch geschwächt, wandern diese Biofilme tiefer in den Körper und sind für schwere Atemwegsinfektionen verantwortlich. Ruß, das sind kleinste Partikel aus reinem Kohlenstoff mit einer besonderen Eigenschaft: Ihre Oberfläche ist enorm groß. Auf der Schleimhaut gelangen sie in die Biofilme mit den genannten Bakterien. Die Autoren vermuten, dass die mit Ruß überzogenen Biofilme nun Resistenzen gegenüber Medikamenten bilden. Für ihre Untersuchungen stellten die Forscher diese Biofilme künstlich her. Dabei wählten sie eine Rußbelastung, die einer Langzeitbelastung der Atemwege nahekommt.

Die Forscher konnten feststellen, dass die Biofilme der Bakterien dicker und komplexer und die Erreger so gegenüber Medikamenten abgeschirmt wurden. Die Bakterien selbst wurden dabei unempfindlicher gegenüber gängigen Antibiotika: »Die Streptokokken zeigten eine signifikant erhöhte Resistenz gegenüber Penicillin G - einem der wichtigsten Antibiotika gegen diese Erreger«, berichten die Mikrobiologen.

In einem weiteren Experiment zeigte sich, dass Ruß und Feinstaub auch für einen deutlich schnelleren Transport der Krankheitserreger in die Lunge verantwortlich zu machen sind. Ein Test mit Mäusen ergab, dass die Tiere, denen ein Gemisch aus Ruß und Streptococcus pneumoniae in die Nase appliziert wurde, bereits sieben Tage später die Erreger in der Lunge aufwiesen. Bei einer Infektion nur mit Bakterien blieb diese auf die oberen Atemwege beschränkt. Hussey schlussfolgert daraus, »dass die Luftverschmutzung die Erreger von Atemwegsinfektionen beeinflusst«.

Nicht nur die Feinstaub- und Rußbelastungen an sich, sondern auch das von ihnen verursachte veränderte Verhalten von Krankheitserregern könnte erheblich Folgen auf die Gesundheit haben. Diese in ihren Untersuchungen gefundenen Erkenntnisse, so die Forscher, könnten wichtige Informationen für eine künftige Gesundheits- und Umweltpolitik darstellen.

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