Ramelow auf Todesliste von Franco A.

Thüringischer Ministerpräsident im Fadenkreuz von rechtem Oberleutnant / Linkspolitiker: »Tiefpunkt der politischen Kultur in diesem Land«

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Berlin. »Das ist ein Tiefpunkt der politischen Kultur in diesem Land.« Am Rande einer Landtagssitzung hat sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow bestürzt gezeigt, über die Todesliste des festgenommenen Soldaten Franco A. Laut Medienberichten steht auch er auf der »Hassliste« des festgenommen Bundeswehrsoldaten. Obwohl er durch Sicherheitspersonal gut geschützt sei, habe die Morddrohung bei ihm ein mulmiges Gefühl ausgelöst, so Ramelow. Der 61-jährige Politiker zeigte sich besorgt über »die in der Hassliste aufscheinende Absicht, Vertretern missliebiger politischer Positionen das Existenzrecht absprechen zu wollen«.

Franco A. war Anfang Februar in Österreich aufgefallen, weil er auf dem Flughafen Wien eine Pistole in einer Toilette versteckt hatte. Ermittlungen ergaben, dass er sich in Deutschland unter falschem Namen als syrischer Flüchtling ausgab. Daraufhin wurde er vergangenen Mittwoch festgenommen. Ein Behördensprecher begründete dies mit einem Anfangsverdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Bodo Ramelow ist nicht der einzige Linkspartei-Politiker auf der Todesliste. Auch die Berliner Abgeordnete Anne Helm stand auf der Liste des Terrorverdächtigen. Sie hatte letztes Wochenende einen Anruf vom Berliner Landeskriminalamt bekommen. Auch der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) finden ihre Namen auf der Liste des rechtsradikalen Oberstleutnants der Bundeswehr.

Ramelow zeigte sich bestürzt angesichts unverhohlen wohlwollender Kommentare zu den Mordabsichten des Offiziers in den sozialen Netzwerken. »Offene Kommunikationskanäle dürfen nicht zur Verbreitung von Hass und Gewalt missbraucht werden«, erklärte Thüringens Regierungschef. Für Demokraten gelte jetzt erst recht die politische und moralische Pflicht, »Gesicht zu zeigen für Toleranz und Menschlichkeit«.

Unterdessen zieht der Skandal um Franco A. immer weitere Kreise. Er soll möglicherweise Munition aus Bundeswehr-Beständen gestohlen haben. Nach Informationen des »Redaktionsnetzwerks Deutschland« hat das Verteidigungsministerium Hinweise auf ein kleines, rechtsextremistisches Netzwerk in der Bundeswehr mit bis zu fünf Mitgliedern gefunden. nd/dpa

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