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Hände waschen!

Sieben Tage, sieben Nächte: Wolfgang Hübner über eine Selbstverständlichkeit im Alltag

Zunächst eine hygienische Unterweisung: Nach dem Lesen dieser Zeitung sollten Sie unbedingt die Hände waschen. Denn sie ist weder auf holz- noch auf keimfreiem Papier gedruckt. Das gilt auch für den Fall, dass Sie diese Kolumne in digitaler Form konsumieren. Tastaturen, Computermäuse und Displayoberflächen sind regelrechte Zuchtanlagen für Keime.

Nachdem dies geklärt ist, können wir uns der Frage widmen, warum die Bundesbank für die nächsten vier Jahre je 200 Liter Hautpflege- und Hautschutzcreme bestellen will und den Auftrag EU-weit ausgeschrieben hat. Es geht um den Schutz der öffentlich Hand! Diese nämlich ist trotz allerlei Geldzählapparaten immer noch ganz nah dran an Schein und Münze, und »Beschäftigtengruppen mit stark manuell geprägten Tätigkeiten« haben erhöhten Pflegebedarf. Zwar hält sich, seit der römische Kaiser Vespasian eine Latrinensteuer eingeführt hat, hartnäckig der Irrglaube, Geld stinke nicht. Aber wären Geldgeschäfte keine schmutzigen Geschäfte - müsste dann die Bundesbank auf Jahre hinaus hektoliterweise Drogerieprodukte einkaufen? So schnell kommt das bargeldlose Zeitalter offenbar nicht.

Immerhin hat die Bundesbank die Bedeutung der Handpflege und -hygiene klar erkannt. Im Gegensatz beispielsweise zu Benimmpapst Thomas Adolph Freiherr de Maizière-Knigge. In seinen Verhaltensregeln äußert er sich zwar über das Händeschütteln (gleich in der ersten These: »Wir geben uns zur Begrüßung die Hand.«), aber das Händewaschen ist ihm keine Silbe wert. Dabei gibt es hier eine bewährte, ja geradezu goldene Regel: Vor dem Klo und nach dem Essen Händewaschen nicht vergessen. Oder war es umgekehrt? Am besten, man befolgt die Regel in beiden Richtungen. Und zwar gründlich. Und mit Seife. Zwar wurde in der Vergangenheit mit seifenfreien Alternativen experimentiert (die Hände in Unschuld waschen; eine Hand wäscht die andere), aber unter epidemiologischem Aspekt taugt das alles nichts. Ansonsten würde die zu strikter Sparsamkeit angehaltene Bundesbank nicht eine Menge Geld für die Handpflege in die Hand nehmen.

Wir beim »neuen deutschland« sind, was das Händewaschen betrifft, ganz weit vorn. Wir haben an den Waschbecken Behältnisse für Seife und Desinfektionsmittel sowie vollautomatische, berührungsfreie Handtrockentücherspender. Irgendwann einmal, es grassierte gerade eine Seuche, hingen sogar die Grundregeln des Händewaschens aus. Gäbe es eine Wanderfahne für Betriebe der vorbildlichen Handhygiene, wir wären ein heißer Kandidat. Aber das ist ja eigentlich eine Selbstverständlichkeit bei einer Zeitung, die in einer langen Tradition des Händeschüttelns steht.

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