Berliner Gartenschau trotzte Planwirtschaft

Am 9. Mai 1987 wurde das Areal am Kienberg in Marzahn eröffnet / Protagonisten erinnern sich an den Aufbau

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.

Als am 9. Mai 1987 die Berliner Gartenschau inmitten der Neubausiedlungen Marzahn und Hellersdorf öffnete, lag hinter den Protagonisten eine aufregende Zeit. Anlässlich der 750-Jahrfeier Berlins hatten sie im Auftrag des Ostberliner Magistrats in nur zwei Jahren eine ganz besondere Ausstellung aus dem Boden gestampft. Die 1985 im Westteil Berlins abgehaltene Bundesgartenschau (BUGA) war sicherlich Motivation genug, im Wettstreit der Systeme eine eigene repräsentative Blumenausstellung zu konzipieren. Der definitive Beschluss für die Errichtung der Berliner Gartenschau fiel dann auch kurz nach der Eröffnung der BUGA Mitte 1985. Für die Beteiligten bedeutete das Planen, Entwerfen, Organisieren und Bauen - am besten alles auf einmal und zur selben Zeit.

Neben Gottfried Funeck, dem damaligen Stadtgartendirekor, gehörten die Garten- und Landschaftsplanerin Roswitha Kaufhold und Oberbauleiter Klaus-Dietrich Schmidt zum Team der ersten Stunde. »Man fragte mich und ich hab’s gemacht«, erinnert sich die Planerin Kaufhold. Mitte 40 sei sie gewesen und habe es auch als neue Herausforderung gesehen.

Heute wundert sie sich, dass »diese Riesenaufgabe in so kurzer Zeit umgesetzt wurde«. Denn die Arbeitsbedingungen seien nicht die besten gewesen. »Aber wir waren hochmotiviert und wollten, dass diese Gartenschau eine Attraktion und vor allem pünktlich fertig wird«, erinnert sich die heute 77-Jährige.

Und so entwickelte sie in knapp drei Monaten für das 21 Hektar große Areal am Fuße des Kienbergs den Gesamtentwurf. Der vorgegebene Kostenrahmen der Schau lag bei 20 Millionen DDR-Mark. Weil der Beschluss für die Schau sehr kurzfristig fiel, waren weder Baumaterialien noch Technik im Fünfjahresplan vorgesehen. Eigentlich ein Unding in der DDR-Planwirtschaft.

Alle mussten improvisieren. Oberbauleiter Schmidt erinnert sich an viele Begebenheiten, bei denen die Mitarbeiter persönlichen Einsatz zeigten. »Sie fuhren unter anderem mit dem eigenen Auto wegen fehlender Ersatzteile zu Betrieben bis ans andere Ende der Republik«, berichtet er. Um geeignete Holzplanken für eine kleine Brücke zu bekommen, handelte Schmidt mit einer Firma in Finowfurt einen Deal aus: Das eigentlich für den Export vorgesehene Material kam schließlich nach Marzahn. »Manchmal war ein Strich noch nicht trocken und es wurde schon gebaut«, erinnert sich Kaufhold an den extrem kurzen Vorlauf.

Kaufhold und Schmidt zieht es auf dem Areal immer wieder zu ihren Lieblingsorten: Der Karl-Foerster-Garten ist so ein Platz, zu dem die Landschaftsplanerin einen besonderen Bezug hat. »Er wurde von mir als persönliche Referenz an den Potsdamer Gartenkünstler, der einer meiner Lehrer war, platziert.«

Auf Initiative des Fördervereins »Freunde der Gärten der Welt« erschien jetzt ein Buch über die Entstehung des Parks. Auf 190 Seiten schildern die einst verantwortlichen Landschaftsarchitekten Planung und Bau der Themengärten. »Ergänzt werden die Beiträge durch Tagebuchnotizen des ehemaligen Geschäftsführers der Grün Berlin, Hendrik Gottfriedsen, und damit in das politische und gesellschaftliche Umfeld während der Entstehung der Gärten der Welt eingeordnet«, erklärt Vereinsvorsitzender Ulrich Reinheckel.

Reinheckel war 1987 für die Blumenschauen verantwortlich und ist seit 2013 Fördervereinschef. 90 Mitglieder gibt es inzwischen - die meisten leben in Marzahn-Hellersdorf, haben einen Bezug zum Park und sind Pflanzenliebhaber. Am 18. Mai um 18 Uhr laden die »Freunde der Gärten der Welt« zur Buchpräsentation in die IGA-Markthalle ein.

www.freunde-der-gaerten-der-welt.de

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