Türkei als Profitparadies deutscher Waffenexporteure

Bei der Aktionärsversammlung des Rüstungskonzerns Rheinmetall demonstrieren 150 Menschen gegen den Panzerdeal mit dem NATO-Partner

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass Kriege gut für das Geschäft sind, beweist einmal mehr die Nord LB. Die Landesbank empfahl ihren Kunden, in Aktien des Autozuliefer- und Rüstungskonzerns Rheinmetall zu investieren - wegen der Gewinnerwartung. Nicht zuletzt die von den USA den NATO-Mitgliedern abverlangten jährlichen Rüstungsausgaben von zwei Prozent des Staatshaushalts lassen die Investoren von der großen Rendite träumen. Dazu passen die Zahlen, die am Dienstag bei der Aktionärsversammlung von Rheinmetall in Berlin veröffentlicht wurden: Der Konzern steigerte 2016 seinen Umsatz um acht Prozent auf 5,6 Milliarden Euro. Wobei mit 14 Prozent der Großteil des Wachstums auf die Rüstungssparte entfiel; die Autozuliefersparte wuchs um 2,5 Prozent. Vorstandschef Armin Papperger verkündete, im Jahr 2017 werde die Rüstungssparte die Marke von drei Milliarden Euro Umsatz »ziemlich sicher übertreffen«.

Der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Tobias Pflüger, kritisierte die Aktionärsversammlung scharf. Die Aktionäre profitierten von »Tod und Tötung«, sagte der Friedensaktivist zu rund 150 Protestierenden, die am Versammlungsort demonstrierten. Der ehemalige Abgeordnete des Europaparlamentes kritisierte auch die zunehmende Militarisierung der Polizei, die von Rheinmetall ausgerüstet wird und fast schon militärisch auftrete.

Die Protestierenden ließen es sich nicht nehmen, jedem Aktionär und jedem Passanten klarzumachen, welche Güter Rheinmetall produziert und fuhren einen ausgemusterten Panzer vor das Hotel, in dem das Aktionärstreffen stattfand. »Wir wollen Rheinmetall entrüsten«, sagte Lühr Henken, einer der Organisatoren der Demonstration. Er forderte von Rheinmetall, die Produktion militärischer Güter einzustellen und sich rein auf zivile Produkte zu konzentrieren.

Um der in Deutschland zunehmenden Kritik an Rüstungsexporten zu entgehen, könnten Rüstungskonzerne die Produktion in Drittstaaten verlegen. Das zumindest könnte eine der Erklärungen für die Pläne des Rheinmetallkonzerns sein, der den Bau einer Panzerfabrik in der Türkei vorantreibt. Von dort ist der weitere Export nicht der deutschen Rüstungsexportregulierung unterworfen.

Seit Wochen kritisieren Politiker und Menschenrechtler die Pläne von Rheinmetall. Sevim Dagdelen, Sprecherin der Fraktion Die LINKE für Internationale Beziehungen, kritisierte in einer Stellungsname die deutsche Bundesregierung scharf: »Das Asyl für Erdogan-kritische Offiziere dient offenbar auch als Camouflage für die potenziell mörderischen Folgen der Außenwirtschaftspolitik der Bundesregierung.« Um sich die Türkei als Profitparadies für deutsche Waffenschmieden wie Rheinmetall zu sichern, gehe die Bundesregierung sprichwörtlich über Leichen. Die »Rheinische Post« veröffentlichte am Dienstag Gespräche zwischen Rheinmetall und der Bundesregierung. Der Konzern will Leopard-Panzer des türkischen Militärs nachrüsten.

Dass es manchmal nicht einfach ist, bestimmte Güter vom Export auszuschließen, zeigt die Diskussion um sogenannte Dual-Use-Güter. Das sind Gegenstände, die sowohl zivil- als auch militärisch nutzbar sind. Drohnen- und Überwachungstechnologien sind zwei solcher Beispiele. Nicht zuletzt forderten die Demonstranten neben einem vollumfänglichen Exportverbot für Rüstungsgüter auch ein Verbot von Dual-Use-Waren an Länder, in denen Konflikte herrschen.

Dass sich die Rüstungsindustrie wandelt, zeigt auch das Beispiel des Gefechtsübungszentrums der Bundeswehr in der Nähe von Magdeburg, das von einer Rheinmetall-Tochter betrieben wird. Der Konzern exportiere solche Zentren, kritisiert Pflüger. Dass die Bundesregierung dies ermögliche, sei ein Skandal. Dabei zeige das Beispiel, dass sie durchaus etwas gegen Rüstungsexporte tun könne: Den Export eines solchen Zentrums in die Arabische Emirate habe sie erlaubt, den nach Russland allerdings gestoppt.

Von den Protestierenden mit Pfiffen begrüßt wurde auch Verteidigungsminister a.D. Franz-Josef Jung (CSU), der in der Hauptversammlung in den Aufsichtsrat von Rheinmetall gewählt wurde. Er trifft dort auf den ehemaligen Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der bereits im Dienst des Rüstungskonzerns steht.

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