Neue Hoffnung für Rostocks Mühlendammschleuse

Wird das Wasserbauwerk an der Warnow vor dem Zuschütten bewahrt und wieder geöffnet? Das würde allerdings mehrere Millionen kosten

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit Ziegeln, Zuckerrüben, Torf oder Kohle an Bord warteten Frachtkähne vor Jahrzehnten in der Rostocker Mühlendammschleuse auf ihre Weiterfahrt über die Warnow. Doch der rege Güterverkehr auf dem 155 Kilometer langen Fluss in Mecklenburg-Vorpommern ist Geschichte. Mittlerweile warten Freizeitskipper darauf, dass sich die seit 2011 geschlossenen Schleusentore wieder öffnen. Doch ehe das geschieht, muss das bundeseigene Bauwerk gründlich saniert werden. Rund 2,5 Millionen Euro wären nötig, kalkuliert das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Stralsund, andernorts wird von vier Millionen gemunkelt.

Lässt die öffentliche Hand soviel Geld fließen? Die Hoffnung darauf ist größer geworden, seit sich jetzt der Petitionsausschuss des Bundestages durch einige Mitglieder vor Ort über den Zustand der Schleuse informiert hat. »Erhaltenswert«, hieß es - völlig unverbindlich - aus den Reihen des Gremiums. Angereist waren die Abgeordneten aufgrund einer Petition, für die der »Verein Mühlendammschleuse« rund 11 000 Unterschriften gesammelt hatte.

Er hatte sich gegründet, als das Ende der 1886 gebauten Schleuse drohte. Nach dem Erliegen der Güterschifffahrt war sie bis in die 1980er-Jahre von Ausflugsdampfern genutzt worden. Als dann der Sportboot-Boom begann, ließen sich zahlreiche Freizeitkapitäne zwischen den Sperrtoren von der Ober- in die Unterwarnow befördern - und umgekehrt. Damit war es 2011 vorbei, als die Schleusentore wegen Brückenarbeiten geschlossen und nicht wieder geöffnet wurden. Urteilte doch das WSA: Das Bauwerk ist für eine weitere Nutzung zu marode.

Man wolle es verfüllen und den Wassersportlern als Ersatz eine Slipanlage zum Umsetzen der Boote anbieten, erklärte die Behörde. Rostocks Oberbürgermeister stimmte zu. Eine Haltung, die viele verwunderte, für die aber der NDR eine Erklärung parat hatte: Werde die Schleuse zugekippt, würde der Bund das dann entstehende Gelände meistbietend versteigern. Die Stadt Rostock aber habe laut vorliegenden Informationen an dem »attraktiven Areal großes Interesse«.

Das Interesse der Bürgerschaft jedoch richtete sich auf den Erhalt der Schleuse, und so beschloss das Kommunalparlament im Oktober 2015: Der Oberbürgermeister habe seine Zustimmung zum Verfüllen zurückzunehmen. Im selben Monat verlieh das Land dem Bauwerk den Status eines Denkmals.

Die Schleuse als ein solches erhalten und sie wieder für die Wassersportler öffnen: So lauten die Kernziele, die sich der Schleusenverein gesetzt hat. Auch sieht er in der Slipanlage, wie sie das WSA angedacht hatte, keinen akzeptablen Ersatz. Boote mit einem Gewicht von mehr als 800 Kilo könnten solche eine Schleppvorrichtung nicht nutzten weiß Detlef Krause, Gründer und Vorsitzender des Vereins.

Ihre Gedanken gehen über Denkmalschutz und Wassersport hinaus. Ein »Erstes deutsches Wasserbaumuseum« könnte vielleicht nahe dem Bauwerk entstehen, eine Bildungsstätte zur Wasserbaukunst ebenso; Fischrestaurants und die Schleuse als Stützpunkt für den Allgemeinen Deutschen Fahrradclub sind Beispiele für weitere Ideen, die Krause und seine Mitstreiter auf dem Zettel haben. Und auch Vorstellungen zur Finanzierung haben sie: 50 Prozent der Sanierungskosten werden vom Bund erhofft, 45 Prozent vom Land, den Rest könnte die Stadt beisteuern. Ob diese Wünsche erfüllt werden, steht nach wie vor in den Sternen, aber: Stadt und Land geben sich nicht mehr ganz so zurückhaltend in Sachen Schleuse wie früher.

Nach dem Besuch seitens des Petitionsausschusses hat Rostocks Bausenator Holger Matthäus angekündigt: Die Stadt gibt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Rund 100 000 Euro wird sie kosten, das Land trägt davon 70 Prozent. Sofern die Expertise belegt, dass der Schleusenbetrieb wirtschaftlich und touristisch sinnvoll sein wird und sich mit dem Naturschutz verträgt, ist es durchaus denkbar, dass öffentliche Gelder in Richtung Warnow fließen und das Zuschütten eines Denkmals verhindert wird.

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