König Abdullah und der Tornado-Wahlkampf

SPD reckte Fäustchen, von der Leyen spielte Scout: Alles bereit für den Umzug der Bundeswehrsoldaten aus der Türkei nach Jordanien

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Die LINKEN und die Grünen haben sich im Bundestag mit ihrer Forderung nach einem sofortigen Abzug der Bundeswehr vom türkischen NATO-Stützpunkt Incirlik nicht durchsetzen können. Dabei wäre alles so einfach gewesen. Die SPD hätte nur ihren eigenen Argumenten vertrauen und mit der Opposition stimmen müssen. Doch über diesen Schatten wollten die Sozialdemokraten denn doch nicht springen. Dafür versuchen sie nun, die Union auch ohne Abzugsforderung vor sich her zu treiben. Erst stellte Außenminister Sigmar Gabriel den deutschen NATO-AWACS-Einsatz, der vom türkischen Konya aus läuft, in Frage. Das führte zu einem Streit innerhalb der Bundesregierung. Namens der Kanzlerin machte Regierungssprecher Steffen Seibert klar, dass es in der NATO keinerlei Diskussionen über einen Abzug der AWACS-Gefechtsstände gibt. Die Regierungschefin und ihr Außenminister haben offenbar keinen guten Draht mehr zueinander.

Trotzig setzte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann Angela Merkel sodann ein Ultimatum für die Entscheidung des Incirlik-Problems: »Wenn es beim kommenden NATO-Gipfel nicht zu einer klaren Korrektur kommt, müssen wir die Bundeswehr aus Incirlik abziehen.« Auch diese »Drohung« ist nichts weiter als Wahlkampfgetöse und Kraftmeierei.

Schon nach dem ersten Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete auf der türkischen Basis Incirlik hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Suche nach alternativen Stationierungsorten in Auftrag gegeben. Ende 2016 hatte man acht geeignete gefunden - in Jordanien, in Kuwait und auf Zypern.

In Jordanien fand man gleich Luftwaffenstützpunkte, auf denen die »Tornado«-Aufklärer und der Tanker Platz finden können: die Al Jafr Air Base, die Prince Hassan Air Base und die Al Azraq Air Base.

Letztere soll es nun offenbar werden. Der Stützpunkt liegt rund 150 Kilometer östlich der Hauptstadt Amman und 50 Kilometer von der syrisch-jordanischen Grenze entfernt. Von dort fliegen neben den Jordaniern auch US-Piloten sowie Kollegen aus den Niederlanden und Belgien Angriffe gegen Stellungen des Islamischen Staates (IS) in Syrien. Die klimatischen Bedingungen auf der Luftwaffenbasis ähneln denen in der Türkei und zudem seien die Jordanier »ausgesprochen hilfsbereit«, meinte von der Leyen, die Ende vergangener Woche höchstselbst die Lage vor Ort erkundet hatte. Sie betonte nach einem Gespräch auf höchster Ebene, dass der jordanische König Abdullah - für den Fall einer Verlegung des Bundeswehr-Kontingents aus Incirlik nach Jordanien - seine Mithilfe angeboten hat.

Doch der Umzug des Kontingents wird eine achtwöchige Einsatzpause zur Folge haben. Derzeit überlegen Bundeswehrexperten, wie sich diese Frist, in der man dem Anti-IS-Bündnis keine Luftbilder zur Verfügung stellen kann, verkürzen kann. Offenbar werden derzeit auch die Kosten berechnet. Doch daran kann der Ortswechsel nicht scheitern. Schließlich hat man ja noch jene Mittel auf der hohen Kante, mit denen man Incirlik ausbauen wollte. Geplant waren rund 26 Millionen Euro für eine Flugfeldoptimierung sowie Unterkunftscontainer. Für weitere 30 Millionen Euro sollte die Luftwaffe einen mobilen Gefechtsstand beschaffen. Allein Gründungsarbeiten hätten zwei Millionen verschlungen.

Noch ist keine politische Entscheidung für den Umzug der Bundeswehrsoldaten aus der Türkei nach Jordanien getroffen. Weder in der Regierung noch im Parlament.

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