Frei, aber 129er-Vorwurf

Anklage gegen angebliche »Zündlumpen«-Mitglieder erhoben

Der Verdacht, die verhafteten Anarchist*innen steckten hinter einer Münchner Brandserie, erhärtete sich nicht – bei einigen Taten saßen sie auch im Gefängnis.
Der Verdacht, die verhafteten Anarchist*innen steckten hinter einer Münchner Brandserie, erhärtete sich nicht – bei einigen Taten saßen sie auch im Gefängnis.

Zwei als Mitglieder der anarchistischen Publikation »Zündlumpen« Verdächtigte sind Ende September aus der Untersuchungshaft entlassen worden – obwohl gegen sie auch wegen Brandstiftungen und anderen Straftaten ermittelt worden war. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat laut der »Süddeutschen Zeitung« aber nach Paragraf 129 der Strafprozessordnung Anklage wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung beim Landgericht München I erhoben – allerdings nur wegen des Mitwirkens an der Zeitschrift.

Die sich selbst als »Nathalie« und »Manuel« bezeichnenden Personen waren der Zeitung zufolge im Jahr 2023 verdächtig, Brandanschläge auf eine Geothermiebaustelle, einen Bahn-Kabelschacht sowie Forst- und Baumaschinen begangen zu haben, außerdem 2024 auf einen Bauzug auf einer Bahnstrecke und eine Windkraftanlage – dieser Versuch scheiterte aber.

Gegen die 2021 eingestellte Zeitschrift »Zündlumpen« gab es ein Jahr später Razzien: Vier Wohnungen, Kellerräume, eine Druckerei und die anarchistische Bibliothek »Frevel« wurden durchsucht. Bei drei Personen, unter ihnen »Nathalie« und »Manuel«, wurde eine DNA-Entnahme angeordnet. Der Vorwurf: In Ausgaben des »Zündlumpen« waren Aufrufe und Anleitungen zum Anzünden von E-Scootern, Reifenzerstechen von Polizeifahrzeugen, zur Brandstiftung an Einsatzfahrzeugen, Rebellion gegen Corona-Ausgangssperren und dem Errichten von Straßenblockaden aus brennenden Müllcontainern abgedruckt.

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Die Verhaftung von »Nathalie« und »Manuel« erfolgte im Februar in der Münchner Stadtbibliothek. Zivilfahnder*innen hatten sich so positioniert, dass sie zugreifen konnten, ohne dass ein von ihnen genutzter Computer gesperrt werden konnte. So erhielten sie wohl Zugriff auf verschlüsselte Dateien.

Bei ihrer Verhaftung hofften die Behörden, Beteiligte einer Serie von rund 50 Brandanschlägen gefasst zu haben. Diese sollen in sechs Jahren in der Münchner Region einen Gesamtschaden von 25 Millionen Euro angerichtet haben. Trotz zwei eigens eingerichteten Ermittlungsgruppen gibt es bislang keine konkreten Hinweise auf die Täter*innen. Zwischenzeitlich wurde auch vermutet, dass hinter einigen der Vorfälle die russische Regierung stecken könnte.

Mutmaßlich von »Nathalie« und »Manuel« selbst existiert ein aktuelles Posting auf Indymedia. Darin wird gebeten, ihnen keine Briefe mehr in das Gefängnis zu schicken. »Jetzt ruhen wir uns erst amoi aus und schreiben euch in Kürze mehr.«

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