Schöne Grüße nach Schönefeld
Tomas Morgenstern sieht das Festhalten an Tegel auch als Folge des BER-Desasters
Das ist schon eine überaus starke Botschaft: Mehr als zwei Drittel der Berliner sprechen sich inzwischen dafür aus, den Flughafen Tegel auch dann offenzuhalten, wenn der BER in Schönefeld tatsächlich in Betrieb gehen sollte. Gänzlich überraschend kommt das nicht, der Erfolg des Volksbegehrens im Frühjahr hatte bereits angedeutet, dass es sich um mehr als den Wunschtraum einiger Westberliner Nostalgiker handeln könnte. Doch bei allem gebotenen Vorbehalt gegenüber den Ergebnissen von Meinungsumfragen scheint zweierlei neu: Zum einen hat die Zahl der Tegel-Befürworter offenbar erheblich zugenommen, und sie finden sich nunmehr wohl in allen Parteien.
Vielleicht haben die Berliner ja endgültig den Glauben an das Projekt BER verloren. Die letzte Terminabsage liegt drei Monate zurück, und obwohl die Eröffnung des Flughafens nicht absehbar ist, muss seine Erweiterung geplant werden. Aber Tegel? Der in den 1960er Jahren konzipierte innerstädtische Flughafen genügt modernen Anforderungen an Sicherheit und Verkehrsinfrastruktur längst nicht mehr. Vor allem aber ist seine Schließung im Zuge der Eröffnung des BER eine der Planungsgrundlagen des neuen Hauptstadtflughafens. Dafür stehen alle drei Gesellschafter in der Pflicht - Berlin, Brandenburg und der Bund. Daran würde auch ein Erfolg des Tegel-Volksentscheides am 24. September nichts ändern.
So gesehen beruht die neue, von der Berliner FDP entfachte Tegel-Euphorie auf einer Täuschung der Wähler. Geschürt wird damit die Verunsicherung in Tegel und Umgebung, wo Hunderttausende auf das versprochene Ende des Fluglärms vertrauen. Das schadet den Zukunftsplänen für Tegel und untergräbt das letzte bisschen Vertrauen in den BER und damit in die Politik. Der Weiterbetrieb von Tegel ist eine gefährliche Illusion. Das sollte der Senat schleunigst klarstellen.
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