»Es gibt da ein fast natürliches Vertrauen«

  • Lesedauer: 2 Min.

»So schaffen wir das« heißt Ihre aktuelle Studie, in der Sie wegweisende Projekte in der Flüchtlingsarbeit vorstellen. Was tragen denn Muslime dazu bei, dass wir das schaffen?
Muslimische Akteure in der Geflüchtetenhilfe haben einen gewissen Vorteil gegenüber Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft. Der geteilte muslimische Hintergrund, der ähnliche kulturelle Hintergrund, die Religion oder auch die Sprachkompetenz macht sie zu Brückenbauern. Es gibt da ein fast natürliches Vertrauen, dass die schon wissen, was einem selbst gut tut; dass sie triftigen Rat geben können, wie man sich in dieser neuen Umgebung als Muslim bewegen kann. Die meisten muslimischen Helfer sind selbst irgendwann gekommen, die wissen, wie man sich einfädelt und einbringt. Die Einheimischen mussten das nie. Das sind alles Sachen, die muslimischen Akteuren einen besonderen Wert verleihen.

Kritiker warnen, muslimische Vereine seien vor allem an Missionierung interessiert. Verfassungsschutzchef Maaßen sagte, Salafisten würden so Flüchtlinge rekrutieren.
Bei den Initiativen, die wir uns angeschaut haben, war von Missionierung nichts zu spüren. Manche Teams waren multireligiös aufgestellt, so dass auch Ehrenamtliche mit christlichem Hintergrund mitmachen konnten. Generell stehen bei der Geflüchtetenarbeit zunächst einmal die praktischen Sachen im Vordergrund: Begegnungsstätte, Sprachkurs, Café organisieren, Begleitung auf Ämter anbieten usw. Missionierung steht da nicht im Vordergrund. Das zeigt sich übrigens auch bei christlichen Gruppen.

Zumindest in der Öffentlichkeit scheint christliche Flüchtlingsarbeit wesentlich präsenter zu sein. Die meisten kennen Nachrichten über Kirchenasyl. Geschichten wie die von der Hamburger Al-Nour-Moschee liest man selten.
Dazu muss man erst einmal sagen: Muslimische Gemeinden basieren auf dem Ehrenamt. In christlichen Gemeinden ist das Rückgrat sozusagen ausfinanziert und das Ehrenamt tritt komplementär hinzu. Wenn die Ehrenamtler aus muslimischen Gemeinden hingegen in die Flüchtlingsarbeit gehen, haben die oft ein echtes Problem. Dann können sie ihre Gemeindearbeit einstellen. Das ist ein Problem, das christliche Gemeinde nicht haben.

Einige Ihrer Kollegen wie der Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi sehen das ganz anders. Sie werfen Muslimen fehlendes Engagement vor.
Haben die empirische Daten?

Nicht das ich wüsste.
Na, sehen Sie.

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