Kreml verwundert über neue US-Sanktionen

Präsident Putin sieht Vorwand für Strategie der Eindämmung / Russlands Wirtschaft wächst wieder

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Moskau. Mit Unverständnis hat Russlands Präsident Wladimir Putin am Donnerstag auf die Entscheidung des US-Senates für weitere Sanktionen gegen sein Land reagiert. Er verstehe den Schritt nicht. Der Beschluss komme »aus dem Nichts«. Das Vorgehen der USA habe »keinerlei Grundlage«. Er fügte hinzu: »Wenn es die Krim nicht gäbe, hätten sie sich etwas anderes ausgedacht, um ihre Strategie der Eindämmung Russlands zu rechtfertigen.«

»Wir sehen die USA nicht als Feind«, versicherte Putin bei seiner vierstündigen TV-Livesendung »Direkter Draht« in Moskau. Ohne eine konstruktive Zusammenarbeit mit Washington sei etwa im Syrien-Konflikt keine Lösung zu finden. Russland und die USA könnten auch im Bereich der Rüstungskontrolle kooperieren, sagte Putin. Zugleich kritisierte der Kremlchef eine zunehmende Russlandfeindlichkeit. Sie sei ein Resultat des innenpolitischen Kampfes in den USA, meinte er.

Der Senat in Washington hatte am Mittwoch nahezu einstimmig ein Gesetzesprojekt gebilligt, das neue Strafen für die vermutete Einflussnahme auf die US-Präsidentschaftswahl vorsieht. Zudem soll die Vorlage Präsident Donald Trump daran hindern, die Sanktionen gegen Russland einseitig zu lockern oder zu verschärfen.

Der Senat stimmte der Vorlage mit 97 zu zwei Stimmen zu. Darin heißt es, neue Sanktionen sollten gegen alle Russen verhängt werden, die im Auftrag der Regierung Cyberattacken begangen hätten. Dem Text zufolge müsste Trump den Kongress zudem um Zustimmung bitten, wenn er bereits verhängte Sanktionen gegen Russland ändern will. Die Novelle bedarf noch der endgültigen Zustimmung von Senat und Repräsentantenhaus. Der Senat stimmte auch dafür, den Sanktionen gegen Russland, die der frühere Präsident Barack Obama verhängt hatte, volle Gesetzeskraft zu geben.

Der russische Präsident seinerseits will Sanktionen gegen den Westen dann aufheben, wenn zuvor die Strafmaßnahmen gegen Russland fallen. Die Sanktionen hätten auch einen positiven Effekt, sagte Putin. »Wir mussten unsere Köpfe anstrengen, Talente aktivieren und uns auf Ressourcen in Schlüsselbereichen konzentrieren.«

Der niedrige Gas- und Ölpreis habe mehr Auswirkungen auf die russische Wirtschaft als die Sanktionen, die seit 2014 wegen der Ukraine-Krise in Kraft sind, sagte Putin. Die niedrigen Preise für die wichtigsten Industrieerzeugnisse wie Metall- und Chemieprodukte hätten die russische Wirtschaft stärker geschwächt als die Sanktionen. »Haben die Sanktionen uns beeinflusst? Ja«, sagte Putin. »Aber auch dramatisch? Das glaube ich nicht.«

Die russische Wirtschaftskrise hat Putin in der TV-Sendung, die fast ausschließlich der Innenpolitik und den Sorgen der Bürger galt, für überstanden erklärt. Das Land sei »in eine Phase des Wachstums übergegangen«. Agenturen/nd Seite 7

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