Griechenland erhält endlich nächste Kreditrate

Gläubiger einigen sich nach langem Streit / IWF kündigt Unterstützung an / Schäuble blockiert weiter schnelle Gespräche über Schuldenerleichterungen

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Luxemburg. Griechenland erhält nach monatelangem Hin und Her rund 8,5 Milliarden Euro aus dem Eurorettungsschirm ESM. Darauf einigten sich die Euro-Finanzminister am Donnerstagabend. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) sagte nach langem Zögern formal seine Beteiligung an dem Kreditprogramm zu, wenngleich er zunächst kein eigenes Geld gibt. Der griechische Finanzminister Efklidis Tsakalotos sagte: »Jetzt gibt es Licht am Ende des Tunnels.«

Monatelang hatte Griechenland mit seinen Gläubigern um die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem seit 2015 laufenden Kreditprogramm gerungen, für das bis 2018 bis zu 86 Milliarden Euro bereit stehen. Die neue Rate wird dringend gebraucht, um demnächst weitere Schulden zu begleichen. Athen hatte als Vorleistung zuletzt nochmals harte Sparmaßnahmen und Sozialkürzungen auf den Weg gebracht - so hart, dass am Donnerstag in Athen etwa 5000 Rentner wegen der geplanten Kürzung ihrer Bezüge auf die Straße gingen.

Mit den Kürzungen sind die Gläubiger zufrieden. Doch gab es bis zuletzt Streit über die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds und Schuldenerleichterungen, die sowohl der IWF als auch Griechenland für unabdingbar halten. Dabei geht es um Streckung von Zins und Tilgung, nicht aber um eine Streichung von Schulden.

Schäuble lehnte es erneut strikt ab, schon jetzt Zusagen für solche Erleichterungen zu machen. Vielmehr berief er sich auf Abmachungen vom Mai 2016, dass man erst 2018 nach dem Ende des Kreditprogramms darüber reden solle - sofern dies dann nötig ist. Ziel des laufenden Programms sei es ja gerade, Griechenland zu befähigen, wieder auf eigenen Beinen stehen zu können, sagte er am Donnerstagabend im ZDF-»heute journal«. Er gehe davon aus, dass das Programm »Erfolg hat und die griechischen Schulden dann tragfähig sind«. Die Prognosen, wie Griechenland 2018 dastehen wird, gehen derzeit weit auseinander.

Für den Kompromiss am Donnerstagabend wurde in einer Erklärung nun etwas genauer aufgeschlüsselt, welche Schuldenerleichterungen möglich wären, wenn sie denn 2018 gebraucht werden. Damit zeigte sich auch der IWF zufrieden, der die Lage in Griechenland pessimistischer einschätzt als die Europäische Union. Nun legt die Washingtoner Institution ein eigenes Kreditprogramm zu günstigen Konditionen auf, zahlt aber erst Geld aus, wenn der Disput über die Verschuldung beigelegt ist.

Dazu sagte Schäuble, das sei eine »gewisse Abweichung von dem, was beschlossen war«. Der Haushaltsausschuss des Bundestags werde sich am Freitag damit beschäftigen. Sollte der Ausschuss der Auffassung sein, dass eine »wesentliche Änderung« des 2015 aufgelegten Hilfsprogramms vorliege, müsste das Plenum des Bundestags sich mit einem neuen Mandat befassen.

IWF-Chefin Christine Lagarde reiste nach Luxemburg und bestätigte am Abend die Einigung. Sie werde dem Führungsgremium des IWF eine »Genehmigung im Prinzip für ein Stand-by-Programm für Griechenland« vorschlagen. Was das bedeutet, erklärte Lagarde so: »Was heißt Genehmigung im Prinzip? Das erlaubt es uns, die Gewinne zu heben, die Griechenland durch seine Reformen gemacht hat, und lässt mehr Zeit, um die Verhandlungen über die benötigten Schuldenerleichterungen abzuschließen.«

Der IWF befürchtet, dass die Schuldenlast Griechenlands von derzeit 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ohne weitere Unterstützung nicht auf Dauer tragbar ist. Schäuble hofft indes, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland durch die beschlossenen Reformen beflügelt wird und nach 2018 keine weiteren Kredite nötig werden. dpa/nd

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