SPD verzichtet auf Vermögensteuer

Konzept der Sozialdemokraten sieht höhere Belastungen für Spitzenverdiener und Entlastungen für Mittelschichten und untere Einkommen vor

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach monatelangen Diskussionen hat sich die SPD-Spitze auf ein Steuerkonzept für den Entwurf ihres Bundestagswahlprogramms geeinigt. Am Montag präsentierten Parteichef Martin Schulz sowie seine Stellvertreter, Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel, im Willy-Brandt-Haus ein entsprechendes Papier. Die Partei will vor allem kleinere und mittlere Einkommen entlasten. Insgesamt soll sich das Entlastungsvolumen ab dem Jahr 2020 auf jährlich »mindestens« 15 Milliarden Euro belaufen. Um dies finanzieren zu können, sollen unter anderem die Steuern für Spitzenverdiener leicht angehoben werden. »Das ist ein Konzept für mehr Steuergerechtigkeit in Deutschland«, verkündete Kanzlerkandidat Schulz.

Im Detail sieht das Konzept vor, dass der Solidaritätszuschlag ab 2020 für untere und mittlere Einkommen abgeschafft wird, später dann für alle Steuerzahler. Denn die SPD hält den Solidaritätszuschlag zur Förderung des Aufbaus Ost künftig für nicht mehr verfassungsgemäß, weil das Aufkommen weit höher sei als die dafür eingesetzten Mittel. Vom teilweisen Wegfall könnten nach Angaben der Sozialdemokraten Singles profitieren, die 52 000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen zur Verfügung haben, bei Ehepaaren wären es 104 000 Euro. Um das zu erreichen, wollen die Sozialdemokraten die Freigrenzen anheben. Wer darunter liegt, müsste künftig keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen. Die SPD verspricht Entlastungen von rund zehn Milliarden Euro.

Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll für Ledige erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60 000 Euro greifen. Dies entspricht einem Bruttoeinkommen von etwa 70 500 Euro. Auch für darunter liegende Einkommen soll die Steuerlast geringer ausfallen. Durch diese Steuergeschenke, die vor allem Besserverdienern zugutekommen würden, würde der Staat Einnahmen von rund zwei Milliarden Euro verlieren. Derzeit gilt der Spitzensteuersatz ab einem Einkommen von 54 058 Euro. Er muss nicht auf das Gesamteinkommen gezahlt werden, sondern nur auf Einkünfte ab 54 058 Euro.

Zugleich wollen die Sozialdemokraten den Spitzensatz auf 45 Prozent anheben, der dann ab 76 200 Euro zu versteuerndem Einkommen greifen würde. Dies würde Bruttoeinkommen von 87 000 Euro für Ledige betreffen. Die »Reichensteuer« beträgt derzeit 45 Prozent. Sie wird für Spitzenverdiener ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 256 303 Euro fällig. Dieser Drei-Prozentpunkte-Zuschlag auf den Spitzensteuersatz soll künftig ab 250 000 Euro fix erhoben werden.

Für Bezieher niedrigerer Einkommen ist zudem eine Entlastung bei den Sozialbeiträgen vorgesehen. Dies soll für alle gelten, die zwischen 450 und 1300 Euro monatlich verdienen. »Das ist ein Entlastungssignal für unterste Einkommen«, sagte Schäfer-Gümbel. Der Rentenanspruch soll dadurch nicht gemindert, der Beitragsausfall durch Steuermittel ausgeglichen werden. Einkommensschwache sollen auch durch die Wiederherstellung der Beitragsparität bei der Krankenversicherung entlastet werden.

»Besondere Privilegien für einzelne Interessengruppen« wie der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben statt 19 Prozent sollen »zurückgenommen« werden. Als Beispiel wird die Ausnahme für Hoteliers genannt, die die schwarz-gelbe Koalition einst eingeführt hatte. Auch andere Subventionen würden geprüft.

Bei der Erbschaftsteuer bleibt die SPD sehr vage. Im Papier der Parteispitze heißt es lediglich, dass sehr große Erbschaften höher besteuert werden sollten. Bei einer umfassenden Reform der Erbschaftsteuer solle es nur »wenige Ausnahmen« geben.

Ebenso gering sind die Informationen zur Umsatzsteuer für Finanzprodukte. »Die Finanztransaktionssteuer muss im Rahmen der europäischen Kooperation mit einer breiten Bemessungsgrundlage und niedrigen Steuersätzen gestaltet sein«, heißt es im Papier der SPD. Die Wiederbelebung der Vermögensteuer, die Parteilinke fordern, fehlt in dem Konzept. Der Ertrag der Vermögensteuer würde den Bundesländern zustehen.

Das Steuerpapier soll in den Entwurf für das SPD-Wahlprogramm eingearbeitet werden, das am Sonntag von einem Bundesparteitag in Dortmund verabschiedet werden soll. In den nächsten Tagen wird sich zeigen, inwieweit die SPD-Linke den Vorstellungen von Schulz folgt. Sie hatte sich von ihrem neuen Vorsitzenden zunächst viel erhofft. Doch seit es in den Umfragen für die SPD wieder nach unten geht und die Partei drei Landtagswahlen verloren hat, ist die Stimmung wieder gedämpft.

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