Barocker Neubau öffnet sich

Am Wochenende lädt das Humboldt Forum Besucher zum Baustellenblick

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Schau mal! Honecker würde sich im Grabe umdrehen«, sagt ein Tourist zu seiner Frau. Er zeigt auf die im Bau befindliche Attrappe des Berliner Schlosses. An jener Stelle stand bis vor einigen Jahren der Palast der Republik, 1976 vom damaligen Staatsratsvorsitzenden der DDR, Erich Honecker, eingeweiht. Ende 2018 soll der Bau, der als Humboldt Forum firmiert, fertiggestellt sein.

Am kommenden Wochenende jeweils von 10 bis 18 Uhr lädt der Bauherr, die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss zum fünften Mal zu den Tagen der offenen Baustelle. Aus Stahl, Glas, Beton, Lehm, Gips und Sandstein entsteht seit 2013 die vom Architekten Franco Stella entworfene Mischung aus historisierendem Schloss und modernem Museum.

Seit zwei Jahren ist der Rohbau fertig. Nach und nach nähern sich auch einige historisierende Elemente der Vollendung. Zu bestaunen sein wird unter anderem das Eosanderportal im großen Foyer, das praktisch fertig ist. Rund 30 Meter hoch und 30 Meter breit ist das um 1710 errichtete Portal, das dem Triumphbogen des Septimus Severus im Forum Romanum nachempfunden wurde. Der Adler in der Mitte des Bogens symbolisiert den preußischen König Friedrich I., die zwei Damen an der Seite sind sogenannte Famen, die den Herrscher rühmen.

»In der linken Fama ist dunkelgrau ein Originalfragment zu erkennen, das in Ahrensfelde geborgen wurde«, erklärt Hans-Dieter Hegner, Bauvorstand der Stiftung. Die starke Verwitterung rühre daher, dass einst recht weicher Sandstein aus dem sächsischen Cotta verwendet wurde. »Wir nutzen für die Rekonstruktionen auch vorwiegend sächsischen Sandstein«, so Hegner. Das Material werde auch nicht mit irgendwelchen Überzügen vor Witterungseinflüssen geschützt. Allerdings setze man auf eine härtere Varietät.

»Insgesamt 43 Adler finden sich im und um das Gebäude«, erklärt Lavinia Frey, Kulturvorstand der Stiftung. Das habe man zum Anlass genommen, sich im Kulturprogramm der Tage der offenen Baustelle auch diesem Thema in vielerlei Aspekten zu nähern. Welche Bedeutung hat ein Adler an einer Fassade, an einem Totempfahl oder bei den Azteken? Dazu werden beispielsweise der neue Leiter des Berliner Stadtmuseums, Paul Spies, aber auch Johannes Vogel vom Naturkundemuseum sprechen.

»Erstmals wird das kulturelle Programm von der Gründungsintendanz gestaltet«, sagt Frey. »Helm«, »Palast« und »Schiffe« werden weitere Themen von Vorträgen sein. Am Sonnabendvormittag wird auch Gründungsintendant Neil MacGregor sprechen.

Auf der Lustgartenseite werden erstmals 30 Meter der fast fertiggestellten Fassade zu sehen sein. »Beeindruckend« sei deren städtebauliche Wirkung, findet Stiftungsvorstand Johannes Wien. Die hellgelbe Putzfassade mit den etwas dunkleren Sandsteinverkleidungen um die Fenster herum sei ein »heller, fröhlicher, barocker Neubau«, heißt es von der Stiftung. Im Schlüterhof Richtung Spree wird die Statue des Antinous zu sehen sein. Der griechische Jüngling war ein Liebhaber des Kaisers Hadrian. 140 000 Euro habe die Rekonstruktion der Sandsteinfigur gekostet, berichtet Bauvorstand Hegner, beglichen von einem Spender aus Süddeutschland. Inzwischen seien Barspenden von 63 Millionen Euro eingegangen, heißt es bei der Stiftung. Dazu kommen noch Sachspenden im Gegenwert von rund sieben Millionen Euro.

Das bedeutet allerdings, dass immer noch etwa 35 Millionen Euro an Spendengeldern zur benötigten Summe von 105 Millionen Euro fehlen. Im Oktober 2016 war bekannt geworden, dass die öffentliche Hand das noch fehlende Geld zunächst vorstreckt, um den Baufortschritt nicht zu gefährden.

Vorstandssprecher Johannes Wien gibt sich zum wiederholten Male optimistisch, bis zur Eröffnung des Humboldt Forums Ende 2019 das Geld beisammen zu haben.

Tage der offenen Baustelle am 24. und 25. Juni ab 10 Uhr, humboldtforum.com

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