Castor-Schiff wartet in Obrigheim auf Beladung

Der umstrittene Transport von Atommüll auf dem Neckar läuft weiter / Initiative »Neckar castorfrei!« ruft zu einer Demonstration auf

  • Lesedauer: 3 Min.

Obrigheim. Das Transportschiff für die umstrittene Beförderung von Atommüll auf dem Neckar wartet am stillgelegten Atomkraftwerk Obrigheim auf seine Beladung. Polizei und Castor-Gegner bestätigten am Dienstagmorgen, dass das Schiff noch am Kraftwerkgelände liegt. Vom Energieversorger »Energie Baden-Württemberg« (EnBW) waren zunächst keine weiteren Informationen zu erhalten. Insgesamt plant EnbW fünf Transporte mit je drei Castoren.

Für den Transport der ausgedienten Brennelemente von Obrigheim zum Zwischenlager in Neckarwestheim sind bis zu 14 Stunden veranschlagt. Die Entladung der Behälter beginne am Donnerstag. Offiziell bestätigt ist der Zeitplan aber nicht, strikte Geheimhaltung ist Teil der Transportgenehmigung.

Das Schiff war am Montag nach mehrstündiger Fahrt vom Atomkraftwerk Neckarwestheim in Obrigheim angekommen. Es ist der erste Castortransport auf einem Fluss in Deutschland. In der Vergangenheit waren verbrauchte Brennelemente aber auf dem Wasser etwa nach Großbritannien gebracht worden. Die Beförderung von Atommüll per Schiff auf dem unteren Neckar ist heftig umstritten.

Am Montag hielten Atomkraftgegner an der Schleuse bei Gundelsheim eine Mahnwache ab. Die Aktivisten protestierten mit Transparenten gegen den geplanten Transport. Für die Rückfahrt des Schiffs werden größere Proteste erwartet. Die Initiative »Neckar castorfrei!« ruft für den Transporttag zu einer Demonstration und einer Mahnwache in Heilbronn auf. Die Castor-Gegner kritisieren, dass sich ein Unfall nicht ausschließen lasse. Als mögliche kritische Punkte werden sechs Schleusen auf dem etwa 50 Kilometer langen Weg gesehen. Die Polizei sicherte das Schiff mit Booten der Wasserschutzpolizei, Einsatzfahrzeugen und einem Hubschrauber.

​Eigentlich wäre für die Lagerung der 342 ausgedienten Brennelemente ein eigenes Zwischenlager in Obrigheim nötig. Allerdings ist in Neckarwestheim noch Platz: Von den dortigen 151 Lagerstellen sollen nur 125 für Castor-Behälter verplant sein, der Rest wäre demnach frei - etwa für die 15 Behälter mit Brennelementen aus Obrigheim. Die Genehmigung für eine Aufbewahrung der Brennelemente im Zwischenlager am Kernkraftwerk Neckarwestheim war der EnBW bereits 2016 erteilt worden. Atomkraftgegner kritisieren die Entscheidung.

EnBW und Polizei argumentieren, dass eine Beförderung auf Schienen oder auf der Straße aufwendiger sei. Die Sicherheit sieht das Unternehmen nicht gefährdet. Der Chef der Kernkraft GmbH von EnBW, Jörg Michels, nennt das Transportschiff sogar »praktisch unsinkbar«. Hingegen bezeichnet die Landesvorsitzende des Umweltverbandes BUND, Brigitte Dahlbender, den Transport auf dem Neckar als »riskanteste Variante«.

Die schwäbische Gemeinde Neckarwestheim ist zuvor mit einem Eilantrag zur Verhinderung der Transporte auf dem Neckar gescheitert. Das Verwaltungsgericht Berlin wies den Eilantrag gegen die Transportgenehmigung des in Berlin ansässigen Bundesamts für kerntechnische Entsorgungssicherheit zurück, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Demnach überwiegt das öffentliche Interesse an einem zügigen Rückbau des stillgelegten Atomkraftwerks Obrigheim die von der Gemeinde vorgetragenen Argumente.

Die bis Ende November 2018 genehmigten fünf Transporte zum Zwischenlager Neckarwestheim passieren auch die gleichnamige Gemeinde. Diese hatte Einsicht in die Genehmigungsunterlagen verlangt. Angaben zum Schutz- und Sicherungskonzept wurden in den übermittelten Akten jedoch geschwärzt. Die Gemeinde führte an, sie könne so Sicherheitsrisiken wie eine Strahlenbelastung für Gemeindeeinrichtungen wie die Kindergärten nicht ausschließen und sah ihre Selbstverwaltungsgarantie verletzt. Agenturen/nd

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