Geschlossen wegen Wirtshausstecherei

In Bayern hat es im Frühjahr viel geregnet, warm war es auch - alles sieht derzeit nach einer Mückeninvasion aus

  • Lesedauer: 3 Min.

München. Der kommende Sommer wird in Bayern wohl besonders mückenreich. Forscher schätzen die diesjährige Witterung als ideal für die Vermehrung von Stechmücken ein. Warm und feucht mögen es die Larven - hält sich das Wetter, ist also mit einem massiven Anstieg der Populationen zu rechnen. Doreen Walther vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung sagte: »Stimmen die Bedingungen, können sich die Tiere explosionsartig vermehren.«

Beispiel Ammersee: Das Wirtshaus »Strandhaus« in Eching (Landkreis Landsberg) hatte wegen der vielen Stechmücken sogar vorübergehend schließen müssen. Laut Walther handelt es sich dort um sogenannte Überflutungsmücken, die bei steigendem Wasserstand schlüpfen. Bayern leide momentan unter einer Doppelbelastung: sowohl Hausmücken, die ihre Eier beispielsweise in Regentonnen legen, als auch Überflutungsmücken fühlten sich beim aktuellen Wetter wohl.

Mithilfe ihres Mückenatlas versucht Walther herauszufinden, wann und wo in Deutschland welche Mücken auftreten. Sie bittet Menschen, die von den Blutsaugern betroffen sind, ihr die Tiere als Proben zuzuschicken. »Dann kann ich auch Tipps geben, wie man sich am besten zur Wehr setzt«, sagte Walther.

Auch Dieter Doczkal von der Zoologischen Staatssammlung München hält Walthers Prognose für realistisch: »Dadurch, dass wir immer wieder Regenfälle und warme Temperaturen haben, sind die Bedingungen für Mücken ideal.« Überall in Bayern seien Tümpel entstanden, in denen die Tiere ihre Eier ablegen können. Trockene Gegenden wie Jura- oder Kalkgebirge seien weniger betroffen als die Main-Auen oder Moorgebiete im Alpenvorland.

Bis zu 800 Eier kann eine Mücke legen. Einflüsse wie Witterung und Fressfeinde entscheiden dann, wie viele Larven durchkommen. Als »Mückenplage« möchte Doczkal die schnelle Vermehrung der Insekten aber nicht bezeichnen. »Die Larven sind eine wichtige Futterquelle für andere Tiere wie Amphibien, Vögel oder Spinnen. Werden die Zahlen immer weiter runtergedrückt, verlieren diese Tiere ihre Nahrungsgrundlage.« Außerdem: Wer schon einmal in Sibirien oder Lappland gewesen sei, wüsste, was eine echte Mückenplage sei. Viele Menschen in Mitteleuropa seien es nicht mehr gewohnt, gestochen zu werden. »In der Nähe von Gewässern ist das aber vollkommen normal. Manche wollen einfach in einer ungezieferfreien Welt leben«, sagt Doczkal.

Auf eine Welt mit weniger Schnaken arbeitet zumindest die Interessengemeinschaft Schnakenbekämpfung aus Olching (Landkreis Fürstenfeldbruck) hin. Die ehrenamtlichen Vereinsmitglieder verbringen viel Zeit auf den Wanderwegen entlang der Amper. »Die Amperauen sind die perfekte Brutstätte für Schnaken«, sagte Julia Henderichs, Sprecherin der Stadt Olching. Regelmäßig zählt der Verein deshalb die Larven in den Tümpeln. Ist eine bestimmte Anzahl erreicht, wird ein Gift in die Gewässer gespült. Der Stoff heißt BTI (Bacillus thuringiensis israelensis) und stammt von einem Bakterium, das die Tiere tötet, bevor sie schlüpfen können.

»Bisher wurde das Gift dieses Jahr einmal ausgebracht«, sagte Henderichs. Die Situation in den Auen sei momentan noch nicht allzu schlimm. Grund dafür ist der niedrige Stand der Amper. »Ein größeres Problem gibt es hier mit den Hausmücken, die in Wassertonnen oder Regenrinnen schlüpfen«, sagte Henderichs. Die hätten nämlich keine natürlichen Feinde. dpa/nd

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