Die Linke: Zusammen gegen die Mietenexplosion

Partei startet Kampagne gegen Abzocke auf dem Wohnungsmarkt

Auch kleine Wohnungen in wenig attraktiver Lage in Großstädten können sich Menschen mit normalem Einkommen kaum noch leisten.
Auch kleine Wohnungen in wenig attraktiver Lage in Großstädten können sich Menschen mit normalem Einkommen kaum noch leisten.

Tanja Danlowski ist Lehrerin und lebt in Berlin. Ihr Vermieter ist die Vonovia SE, der größte Wohnungskonzern in Deutschland, der mittlerweile alle wichtigen Konkurrenten inklusive der Deutsche Wohnen geschluckt hat. Deshalb hat das Unternehmen enorme Macht, die Menschen wie Tanja Danlowski zu spüren bekommen. Aber sie wehrt sich: gegen überteuerte Heizkostennachzahlungen und andere Tricks. Gemeinsam mit anderen hat sie die Mieterinitiative Tempelhof gegründet, deren Sprecherin sie ist.

Am Freitag stand Danlowski gemeinsam mit Linke-Chefin Ines Schwerdtner und der Bundestagsabgeordneten der Partei, Caren Lay, an der Luisenstraße Ecke Marschallbrücke in der Nähe des Berliner Parlaments. Gemeinsam gaben sie den Startschuss zu einer Kampagne gegen den Mietenwahnsinn. Die Linke hatte aus einer Outdoor-Pressekonferenz eine kleine Kundgebung gemacht: Dutzende Unterstützer hielten Plakate und Transparente hoch. Sie protestierten damit dagegen, dass die Regierungsparteien am Vortag ein Gesetz der Linken zur wirksamen Bekämpfung von Mietwucher abgelehnt hatten.

Die Kampagne ist im Internet ab sofort unter der Adresse mietabzocke-stoppen.de zu finden, und hinter ihr verbirgt sich mehr als nur ein paar Parolen. Danlowski weiß die praktische Unterstützung, die Mitglieder der Linken Mieter*innen bereits seit Langem geben, zu schätzen. Das, sagte sie, mache den Unterschied zu den anderen Parteien, die »uns erzählen, dass sie nichts für uns tun können«. Die Linke habe ihre Initiative dagegen aktiv unterstützt. »Dafür sagen wir Danke. So haben wir gemerkt: Gemeinsam sind wir stark.« Jetzt will sie die Kampagne der Partei unterstützen.

Schwerdtner sagte: »Wenn man sich zusammenschließt, kann man gewinnen und auch den größten Gegner in die Knie zwingen.« Die Linke mache ihr Wahlversprechen wahr, alles dafür zu tun, dass das Wohnen wieder bezahlbar werde. Ihre Partei rief mit Kampagnenstart den »Mieten-Notstand« aus. Am kommenden Mittwoch nimmt das Unternehmen schon ganz praktisch Gestalt an: In mehr als 80 Städten finden dann Mieter*innenversammlungen statt, die die Partei mit organisiert hat. Dort soll beraten werden, wie man sich ganz konkret etwa gegen zu hohe Heizkosten zur Wehr setzen kann.

»Noch treibt die Mietenmafia die Preise hoch, doch wir werden Vonovia und Co. das Handwerk legen – gemeinsam mit Tausenden Mieterinnen und Mietern.«

Ines Schwerdtner Linke-Ko-Vorsitzende

»Wir versprechen, dass wir jeden einzelnen Euro an Heizkosten zurückholen, der zu viel gezahlt wurde«, sagte Schwerdtner. »Wir wollen wirklich kämpfen, bis wir es erreicht haben, einen bundesweiten Mietendeckel einzuführen. Dafür brauchen wir euch, dafür brauchen wir jede einzelne Stimme.« Vor Jahren hatte die Partei in Berlin als Teil der Landesregierung versucht, einen Mietendeckel auf Landesebene durchzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht beschied auf eine Beschwerde dagegen aber, ein solcher könne nur auf Bundesebene verfügt werden.

Die Linke will im Rahmen der Kampagne auch ihre bestehenden Beratungsangebote für Mieter*innen ausbauen, sodass es künftig in jedem Kreisverband Ansprechpartner*innen gibt. Denn, so Schwerdtner, Millionen Menschen im Land wüssten nicht mehr, »wie sie die explodierenden Mieten bezahlen sollen«.

Ko-Parteichef Jan van Aken kam in einem Werbefilm für die Kampagne zu Wort, der ebenfalls am Freitag auf der Straße präsentiert wurde. Union und SPD, sagt er darin, schützten »nicht die arbeitenden Menschen, sondern Vermieter und Immobilienkonzerne, die mit immer dreisteren Tricks die Mieterinnen und Mieter abzocken«. Das werde man nicht länger hinnehmen.

Die Linke baut auch ihr »Heizkostencheck«-Angebot aus, mit dem man online überprüfen lassen kann, ob die eigene Heizkostenabrechnung plausibel und realistisch ist. Zudem soll die von der Partei entwickelte und vor einem Jahr gestartete Mietwucher-App in 15 weiteren Städten verfügbar sein.

Die Linksfraktion im Bundestag hatte am Donnerstag ihren Gesetzentwurf zur besseren Bekämpfung überhöhter Mieten zur namentlichen Abstimmung gestellt. Er erhielt aber keine Mehrheit. Die Regierungsfraktionen stimmten geschlossen dagegen, ebenso die AfD. Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte das am Freitag im RBB-Interview damit, dass man in einer Kommission erst sicherstellen wolle, dass eine Neuregelung des Wirtschaftsstrafrechts rechtssicher sein müsse. Nur dann sei gewährleistet, dass man künftig erfolgreich gegen überteuerte Mieten vorgehen könne. Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Bundesrat fordern seit Langem eine Reform der Mietwucherparagrafen im Wirtschaftsstrafrecht.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) hatte am Donnerstag gewarnt, dass das Wohnen für immer Menschen in Deutschland zum Armutsrisiko werde. Rund sechs Millionen Mieter*innen seien durch hohe Wohnkosten »extrem überlastet«, heißt es im neuen Mietenreport des DMB.

Schwerdtner gibt sich derweil optimistisch: »Noch treibt die Mietenmafia die Preise hoch, doch wir werden Vonovia und Co. das Handwerk legen – gemeinsam mit Tausenden Mieterinnen und Mietern.« So werde man Druck erzeugen und erreichen, dass die Städte künftig »härter und schneller illegal hohe Mieten verfolgen können«. Denn in vielen Städten hätten sich die Preise bei Neuvermietungen innerhalb weniger Jahre verdoppelt.

Tamara Mazzi, Linke-Bundestagsabgeordnete aus Schleswig-Holstein, wies derweil darauf hin, dass eine ungebremste Mietenexplosion längst »kein rein großstädtisches Problem mehr« sei. Mit ihrer Blockade des Mietwucherbekämpfungsgesetzes habe die Koalition aus Union und SPD gezeigt, »dass sie die realen Nöte der Menschen, die immer größere Teile ihres Lohns für die Miete aufwenden müssen, nicht im Geringsten interessieren«, erklärte Mazzi am Freitag. Auch in Schleswig-Holsteins Hauptstadt Kiel findet am 13. November eine von der Linken veranstaltete Mieterversammlung statt, auf der auch Parteichef van Aken sprechen will.

In Kiel sind nach Angaben von Mazzi Angebotsmieten von mehr als 15 Euro pro Quadratmeter keine Seltenheit mehr. Zwischen 2015 und 2025 seien die Werte im Mietspiegel der Landeshauptstadt um 30 Prozent gestiegen, die Angebotsmieten sogar um 45 Prozent. Gleichzeitig herrsche akuter Wohnraummangel.

Tanja Danlowski berichtete in Berlin Ähnliches: »Meine Miete hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt – aber mein Lohn nicht.« Ihr sei eine Heizkostennachzahlung von 3000 Euro allein für das Jahr 2022 berechnet worden, ein »Ergebnis von intransparenten Abrechnungen und fragwürdigen Deals von Vonovia auf dem Fernwärmemarkt«, meint sie. Diesen müsse die Politik endlich »unter Kontrolle bringen«.

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