Zu viel Axt im Walde

Opposition will Schutzgebiete Sachsens nicht mehr vom Forstbetrieb bewirtschaften lassen

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 2 Min.

Als »Inseln der Natur« versteht Wolfram Günther den Nationalpark Sächsische Schweiz und drei weitere große Schutzgebiete in Sachsen. Es sind Areale, in denen der Wald nach Ansicht des Grünenpolitikers nicht vorrangig zur Holzgewinnung genutzt werden soll und auch nicht, um Wanderern eine malerische Kulisse für ihre Touren zur Verfügung zu stellen. Vielmehr sollten die Schutzgebiete ein Refugium für seltene Arten sein; der Wald solle sich ungestört entwickeln können - und etwa auch größere Mengen Totholz enthalten, das viele Insekten und andere Kleinlebewesen beherbergt.

Allerdings sieht die Wirklichkeit in Sachsen etwas anders aus. Die Wälder im Freistaat enthielten besonders wenig Totholz, heißt es in einem Hintergrundpapier zu einem Gesetzentwurf, der jetzt von LINKEN und Grünen gemeinsam vorgelegt wurde und in dem sie eine neue Zuständigkeit für die Schutzgebiete fordern. Seit 2008 ist für diese der Staatsbetrieb Sachsenforst zuständig. Die beiden Oppositionsparteien verlangen, dass sich in Zukunft das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie um die Reservate kümmert, die 491 Quadratkilometer groß sind und damit 2,7 Prozent der Fläche des Freistaats einnehmen. Neben dem Nationalpark gehören dazu das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sowie die Naturschutzgebiete in der Königsbrücker Heide und in der Gohrischheide/Elbniederterrasse bei Zeithain.

Dass sich der Forstbetrieb um die Gebiete kümmere, sei nicht gänzlich fern liegend, räumt Kathrin Kagelmann (LINKE) ein: Der Nationalpark etwa sei zu 93 Prozent bewaldet. Allerdings habe ein Forstbetrieb wie der Sachsenforst andere Prioritäten als eine strikt auf Naturschutz ausgerichtete Behörde. Er sei »vordergründig auf betriebswirtschaftliche Effizienz« orientiert, sagt Kagelmann. Dagegen müssten in den Naturschutzgebieten viele zeit- und personalintensive Tätigkeiten durchgeführt werden: »Es geht um die Wiederansiedlung von Arten, um Mahd mit Schafherden, um die Wiederherstellung von Mooren«, sagt die Abgeordnete.

Dem wird der Sachsenforst zumindest aus Sicht der Opposition nicht gerecht. Die Ziele zur Erhaltung und Entwicklung der Gebiete, die in Managementplänen festgehalten sind, seien nach zehn Jahren erst zu 26 bis 64 Prozent umgesetzt, kritisieren sie. »Da passiert nicht viel«, sagt Günther. Er merkt an, dass die sächsische Lösung eine »Einzigartigkeit« darstelle: In anderen Bundesländern seien etwa die Nationalparkverwaltungen in aller Regel direkt den Ministerien für Umwelt oder Landwirtschaft unterstellt. In Sachsen war das ähnlich, bis 2008 eine Funktionalreform durchgeführt und die Zuständigkeit an den Forstbetrieb übertragen wurde. »Ein Konstruktionsfehler«, sagt Kagelmann - der mit dem Antrag behoben werden soll. Dessen Chancen auf Umsetzung sind indes begrenzt: Die CDU lehnt den Vorstoß als »Sackgasse« rundheraus ab.

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