Frauen-Behörde spannt Trump ein

Bremen: Ungewöhnliche Plakataktion gegen sexistische Werbung beschäftigt Hansestadt

  • Alice Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.

Es muss schon ein außergewöhnliches Plakat sein, wenn bei dessen Anblick eine Reporterin von Radio Bremen angeblich beinahe vom Rad fällt und in einer voll besetzten hansestädtischen Straßenbahn allgemeines Gelächter ausbricht. Denn eine Bremer Radioreporterin haut so schnell nichts aus dem Sattel und dem Bremer im Allgemeinen wird nachgesagt, zum Lachen allein in den Keller zu gehen.

In der Tat handelt es sich bei dem Entwurf einer Studentengruppe um ein gewagtes, fast komplett schwarzes Plakat. Nur oben links findet sich ein grell-gelbes, stilisiertes Konterfei des US-Präsidenten Donald Trump, in der Mitte steht weiß auf schwarz: Make Werbung Great Again. Und darunter schwarz auf gelb: Nein zu sexistischer Werbung.

Zehn Tage lang waren 120 dieser großformatigen Plakate in Bremen und seiner Peripherie zu sehen, kostenlos aufgehängt von der Ströer Gruppe, einem der größten deutschen Unternehmen für Außenwerbung. Seit Jahren kooperiert das Unternehmen mit dem Lehrstuhl für innovatives Markenmanagement der Universität Bremen in der Form, dass Studenten als Abschlussarbeit eine Plakatkampagne entwerfen und ihr Ergebnis dann für einen begrenzten Zeitraum in Bremen als sogenannte »Out of Home«-Werbung auf Plakaten gezeigt wird.

In diesem Jahr wurde als »Auftraggeber« die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau, kurz ZGF, ausgesucht. Deren Leiterin, Ulrike Hauffe, zeigte sich während der Präsentation der Auswertung in dieser Woche begeistert über die Resonanz und die Tatsache, dass die dauernd klamme ZGF eine solche Kampagne geschenkt bekam.

Lauf Hauffe liefen bei der ZGF massenhaft Glückwünsche und positive Rückmeldungen auf allen Kanälen ein, selbst aus dem Ausland. Lediglich ein paar negative Kommentare hätte es gegeben. In Bremen wurde das Plakat zum Stadtgespräch. Deshalb lächelte Hauffe auch den Wermutstropfen weg, dass kaum jemand die ZGF als Auftraggeberin kannte. Ihr Logo fand sich sehr klein am unteren Rand des Plakats.

Nun hat die ZGF das Motiv nochmals in begrenzter Auflage als Postkarte drucken und in Bremer Kneipen auslegen lassen - eine dem schmalen ZGF-Budget angepasste Aktion.

Die Studenten, zu deren Aufgabe auch die abschließende Auswertung gehörte, hatten sich ins Bremer Stadtleben gestürzt und 560 zufällig ausgewählte Menschen befragt, ob sie die Plakate bemerkt hätten und wie sie dazu stehen. Fast drei Viertel der Befragten hatten die Botschaft des Plakats verstanden. Ein Drittel der befragten Frauen fühlte sich angeregt, das Sexismus-Thema mit anderen zu diskutieren - zumeist mit Bekannten. Von den Männern war es nicht mal ein Fünftel, das sich vom Thema zu privaten Diskussionen angestoßen fühlte.

Die fast vom Rad gefallene Reporterin gehört zu der Minderheit, die es unpassend findet, mit einem bekennenden Frauenhasser und Sexisten wie Trump gegen Sexismus zu werben. Ein CDU-Stadtteilpolitiker hatte sich ebenfalls beschwert. Es gab auch polemische Kritik, ob Deutschland nichts anderes zu tun hätte, als sich mit sexistischer Werbung zu befassen. Zumeist jüngere Leute waren begeistert; und es war auch das Lachen einer jungen Studentin über das Plakat, das während besagter Tramfahrt zu einem Dominoeffekt unter den Fahrgästen führte.

Die Ströer Gruppe ist angetan davon, wie mit diesem Plakat die nicht digitale Außenwerbung erneuten Aufschwung bekommen hat. Und einige der Studenten haben sich mal wieder ein Medium gegriffen, von dem sie dachten, es sei längst ausgestorben: Sie nahmen eine Papierversion des Weser Kurier zur Hand, denn der hatte nach digitaler Veröffentlichung und der großen Resonanz nachgeschoben und das schwarze Plakat aufs Titelblatt einer Printausgabe gedruckt.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal