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Linkspartei in Thüringen will wieder näher an Menschen ran
Die einstige Stärke der Linken im Osten hatte viel damit zu tun, dass sie sich als Kümmererpartei verstanden haben
Damit Die Linke in Thüringen bei den Landtagswahlen 2029 wieder erfolgreicher sein kann als bei der jüngsten Landtagswahl, sollen sich deren Mitglieder in Zukunft nach den Vorstellungen des Landesvorstandes wieder ganz konkret um das Leben der Menschen in ihrem Umfeld kümmern. Eine Mitgliedschaft bei den Linken müsse viel mehr sein, als ein Parteibuch zu haben und einmal im Jahr zu einem Jahresempfang zu gehen, sagte die Linke-Landesvorsitzende Katja Maurer am Wochenende in Erfurt nach einer Klausurtagung des Landesvorstandes. »Wir werden unsere Mitglieder darin schulen, zu erkennen, wo sie vor Ort gebraucht werden und was sie konkret tun können.« Dazu könne gehören, bei der örtlichen Tafel zu helfen, Menschen dabei zu unterstützen, Schwimmen zu lernen oder »die Einkäufe von Oma Erna sozusagen von X nach Y zu tragen«.
Wie Maurer erklärte auch der Ko-Landesvorsitzende Ralf Plötner, die vielen Neumitglieder der Linken in die Partei zu integrieren, sei eine unbedingte Voraussetzung dafür, dass die Partei bei den Wahlen am Ende der laufenden Legislaturperiode wieder erfolgreich sein könne. Nach Angaben Plötners sind seit Anfang 2025 etwa 1250 Menschen neu bei den Thüringer Linken eingetreten, sodass die Partei jetzt etwa 4400 Mitglieder hat.
Die Linken hatten Thüringen als Teil einer rot-rot-grünen Regierungskoalition zehn Jahre lang regiert. Bei der Landtagswahl 2019 waren sie mit einem Zweitstimmenanteil von 31 Prozent sogar stärkste Kraft geworden. Bei der jüngsten Landtagswahl 2024 waren sie dann auf einen Zweitstimmenanteil von 13,1 Prozent abgestürzt und mussten in die Opposition.
Dass die Grundidee des Linke-Landesvorstandes, die Parteimitglieder sollten aktiv dabei helfen, das Leben anderer vor Ort besser zu machen, in einer Tradition des Konzepts der Linken als Kümmererpartei steht, räumte Maurer ausdrücklich ein. »Das können Sie gerne so formulieren, ja«, sagte sie. Allerdings verbinden sich gerade mit Blick auf die vielen Neumitglieder der Partei damit auch einige zentrale Fragen.
Denn einerseits hat sich Die Linke vor allem in Ostdeutschland in der Vergangenheit sehr stark und ausdrücklich als Kümmererpartei gesehen und auch gegeben. Ihre Parteimitglieder haben oft in den Kommunen und aus den Kommunen heraus unter anderem sozial oder gesellschaftlich benachteiligten Menschen in ganz alltäglichen Fragen zur Seite gestanden. Ein großer Teil des starken Zuspruchs, den die Linken im Osten nicht nur in den Jahren nach der Wende hatten, hat auf diesem Konzept gefußt.
»Wir werden unsere Mitglieder darin schulen, zu erkennen, wo sie vor Ort gebraucht werden und was sie konkret tun können.«
Katja Maurer Linke-Ko-Vorsitzende in Thüringen
Andererseits aber haben sich vor allem jüngere Linke in den vergangenen Jahren immer stärker von diesem Konzept abgewandt und sich eher mit großen, globalen Kämpfen und linken Bewegungen identifiziert. Genau solche jungen Linken sind zuletzt aber neu in die Partei eingetreten, sodass sich erst noch zeigen muss, ob die vielen Neumitglieder der Linken auch wirklich bereit sind, sich eher um Oma Ernas Einkauf zu kümmern, als etwa um große Protestveranstaltungen, beispielsweise gegen den Krieg im Gazastreifen.
Personalfragen im Zusammenhang mit der Landtagswahl 2029 wollen die Linken in den nächsten Monaten klären – im Wissen darum, dass es lange dauern wird, diejenigen als landesweit bekannte Politiker aufzubauen, die die Partei im nächsten Landtagswahlkampf anführen sollen. Als relativ neue Landesvorsitzende wollten sie und Plötner nun erst einmal sechs Monate lang schauen, welche Talente es in der Partei gebe, sagte Maurer. Sie und Plötner waren im Juni überraschend an die Spitze der Thüringer Linken gewählt worden.
Klar sei aber, dass der bisherige Spitzenmann der Linken in Thüringen, Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow, 2029 nicht erneut als Spitzenkandidat antreten werde, hieß es. Es sei aber auch nicht das Ziel, jemanden zu finden, der genau sei wie er. »Wir haben nicht vor, Bodo Ramelow zu klonen«, sagte Maurer. Das sei ohnehin nicht möglich. »So ein Bodo Ramelow ist ein Bodo Ramelow.«
Inhaltlich wollen sich die Linken nach Angaben von Maurer und Plötner in den nächsten Monaten – gerade auch bei den Beratungen zum Doppelhaushalt des Freistaats für die Jahre 2026 und 2027 – auf die Themen Gesundheitsversorgung, Bildung und Wohnen konzentrieren.
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