Aborigines fordern Mitsprache ein

Australiens Ureinwohner wollen verfassungsrechtlich verbriefte Rechte

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

Ihre Kultur gilt als die älteste der Welt: Die Aborigines waren vor über 50 000 Jahren auf den australischen Kontinent gekommen. Als jedoch die Briten den Kontinent im 18. Jahrhundert einnahmen, wurden die Ureinwohner des Landes vertrieben und teils brutal ermordet. Von rund einer Viertelmillion Ureinwohner fiel ihre Zahl bis 1920 auf nur noch etwa 80 000. Heute leben wieder etwa 670 000 Aborigines in Australien.

Als Australien im Jahr 1900 seine eigene Verfassung bekam und damit vom britischen Königreich unabhängig wurde, wurden die Ureinwohner des Landes mit keinem Wort erwähnt. Einen weiteren Tiefpunkt stellte die Zeit von etwa 1910 bis in die 1970er Jahre hinein dar, als Kinder gewaltsam aus Aborigine-Familien entfernt und in weißen Pflegefamilien und Kinderheimen untergebracht wurden. Ein Umdenken begann erst Anfang bis Mitte der 1960er Jahre, als die Aborigine das Wahlrecht in einzelnen Bundesstaaten erhielten und 1967 eine große Mehrheit der Australier in einem Referendum dafür stimmte, Ureinwohner in die Volkszählung des eigenen Landes mit aufzunehmen.

Das jüngste Treffen von rund 250 Vertretern der australischen Ureinwohner am heiligen Inselberg Uluru wird in die Geschichte Australiens eingehen. Aborigines sowie Vertreter der Torres-Strait-Inseln zwischen Australien und Papua-Neuguinea waren zusammengekommen um zu diskutieren, wie die ersten Menschen Australiens offiziell in der Verfassung Anerkennung finden könnten.

Den Versöhnungsprozess läutete 2008 erstmals der damalige Premierminister Kevin Rudd ein, der sich im Namen der australischen Regierung für die Gräuel der Vergangenheit entschuldigte. 2010 startete Premierministerin Julia Gillard dann die Diskussion, die Ureinwohner als erste Menschen Australiens in der Verfassung zu würdigen.

Anders als in Neuseeland beispielsweise haben die Briten nie einen Vertrag mit den Aborigines geschlossen. »Eine Anerkennung in der Verfassung ist ein wichtiger Schritt, um Vertrauen und Respekt aufzubauen. Es ist ein wichtiger Schritt für die Anerkennung, dass die ersten Menschen unserer Nation einen einzigartigen und besonderen Platz in unserer Nation haben«, sagte Gillard damals vor Medienvertretern.

Diese Anerkennung in der Verfassung lehnten die Vertreter der Ureinwohner bei ihrem Treffen am Uluru jedoch ab. Statt der rein symbolhaften Geste wünschen sie sich eine in der Verfassung verankerte Stimme im Parlament und wollen eine Kommission gründen, die auf einen Vertrag zwischen den Bevölkerungsgruppen hinarbeitet. In einer Erklärung gaben die 250 Delegierten bekannt, dass die hohen Inhaftierungsraten, die zahlreichen Jugendlichen in Strafanstalten sowie die Kinder, die nach wie vor ihren Eltern weggenommen werden, zeigen würden, dass viel in der Praxis passieren müsse und nicht eine rein symbolische Reform.

Derzeit sind 27 Prozent aller Gefängnisinsassen Aborigines, obwohl sie nur knapp drei Prozent der Bevölkerung ausmachen. Die Ureinwohner haben zudem eine um zehn Jahre geringere Lebenserwartung als weiße Australier. Kindersterblichkeit, Arbeitslosen- und Selbstmordrate sind signifikant höher, die Alphabetisierungsrate deutlich geringer. »Diese Dimensionen unserer Krise machen die strukturelle Natur unseres Problems klar«, hieß es in der Erklärung deswegen auch. Dies sei die Qual ihrer Machtlosigkeit. »Wir streben nach Verfassungsreformen, um unsere Leute zu stärken und ihnen den rechtmäßigen Platz in unserem Land zu geben.« Ein Vertrag werde deswegen der »Gipfel der Agenda« sein. »Seit 1967 werden wir gezählt«, hieß es weiter. »Ab 2017 wollen wir gehört werden.«

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