Ackerbohne statt Soja

Landwirte in Deutschland setzen auf Alternativen zur Eiweißquelle aus Südamerika

  • Elena Metz, Rehden
  • Lesedauer: 3 Min.

Landwirt Wolfang Johanning hat die ganze Produktionskette in der Hand: vom Futtermittel auf den Feldern über die Kuh bis hin zur Milch. In seinem Stall im niedersächsischen Rehden stehen 120 Milchkühe, er hat eine eigene Molkerei, auch das Futter für seine Tiere baut er selbst an. »Ich wollte unabhängig werden von Zukaufs- und Importfuttermitteln«, sagt Johanning. Denn viele Landwirte müssen eiweißhaltiges Futter hinzukaufen.

Am beliebtesten ist Soja, weil die Bohne einen sehr hohen Eiweißgehalt besitzt. Soja wächst vor allem auf Plantagen in Südamerika. Der Umweltstiftung WWF zufolge werden rund 80 Prozent des angebauten Sojas als Futtermittel verwendet. Brasilien gilt als Hauptlieferant.

»Deutschland ist mit zirka 4,5 Millionen Tonnen Soja einer der größten Abnehmer in der EU und belegt damit in Südamerika eine Anbaufläche von der Größe Hessens - jedes Jahr«, sagt Birgit Wilhelm, WWF-Referentin für nachhaltige Landwirtschaft. Dabei hat der Sojaanbau bei Umweltschützern wahrlich nicht den besten Ruf: Hoher Landverbrauch, Monokultur, Gentechnik, Regenwaldzerstörung sind nur einige Negativschlagworte, die die Pflanze begleiten.

Doch es gibt heimische Alternativen zur Hülsenfrucht aus Übersee. Aus einer länglichen, grünen Hülse drückt Anika Berner fünf Ackerbohnen. »Die Ackerbohne ist eine tolle Pflanze«, sagt die Mitarbeiterin des Projekts »Eiweißfutter aus Niedersachsen«, das Landwirte beim Anbau berät und unterstützt. »Mithilfe von Knöllchenbakterien an den Wurzeln kann sie selbst Stickstoff im Boden fixieren. Sie düngt den Boden.«

Die Ackerbohne gehört wie die Körnererbse, die Süßlupine und Soja zu den Leguminosen. Die Hülsenfrüchte enthalten das für Tierfutter nötige Eiweiß und düngen den Boden selbst. Dadurch wird künstlicher Dünger überflüssig. Die Blüten der Pflanzen locken außerdem Bienen an.

Um den Anbau der produktiven Pflanzen zu fördern, hatte das Bundeslandwirtschaftsministerium eine Eiweißpflanzenstrategie gestartet. Das breit aufgestellte bundesweite Projekt mit Wissenschaftlern und Praktikern erhält von 2014 bis 2018 rund 19 Millionen Euro.

Für die Landwirte ist der Anbau von Leguminosen allerdings mit einigem Aufwand verbunden. »Man muss sich um mehrere Kulturen gleichzeitig kümmern, um die Lagerung und die Ernte«, weiß Johanning. »Erbsen kann man nicht mit jedem Mähdrescher ernten.« Auch die Saatmaschinen sind häufig nicht auf die verschiedenen Ansprüche der Samen ausgelegt. Die Bohne muss tiefer in den Boden als andere Pflanzen. Viele Bauern haben auch das Wissen über den Anbau verloren. »Soja zu bestellen, ist einfacher und bequemer«, sagt Johanning.

Nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes hat sich der Anbau von Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen und Soja in den vergangenen Jahren in Deutschland trotzdem immer mehr gesteigert. Von 92 400 Hektar im Jahr 2014 hat sich die Fläche auf 187 700 Hektar im Jahr 2016 verdoppelt.

Johanning ist froh, Ackerbohne und Erbse selbst anzubauen. »Bei Zukauffutter weiß man nie, wo es herkommt.« Außerdem nützt der Verzicht der Natur in Südamerika: Nach Angaben von Asociana, einer Organisation, die sich in Argentinien für indigene Völker einsetzt, werden dort Regenwald gerodet und Menschen vertrieben, damit noch mehr Soja angebaut werden kann.

»Desto weniger wir davon brauchen, umso besser«, sagt Johanning. Seine Kühe bekommen zweimal täglich eine Mischung aus Weizen, Mais, Erbsen und Bohnen. Soja will der Landwirt auch in Zukunft nicht auf ihren Speiseplan setzen. dpa/nd

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