Vorwärts zu neuen Märkten

US-Repräsentantenhaus ebnet mit Sanktionen gegen Russland Energieexporten den Weg

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.

»Washington ist eine Gefahrenquelle«, kommentierte Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow am Mittwoch die Verabschiedung des Gesetzes über die neuen Sanktionen gegen Russland im US-Repräsentantenhaus. Seine Reaktion fiel maßvoll aus. Statt eine Verschärfung des Moskauer Vorgehens anzudrohen, beschwor er Besonnenheit. Man müsse zurückhaltend und vernünftig vorgehen, verlautete aus dem Hochhaus des Außenamtes am Smolensker Platz, »ruhig und ohne Emotionen«.

Das scheint auch noch immer das vorherrschende Rezept des Kreml in der Datschen-Krise zu sein. Trotz grollender Hinweise auf »spiegelbildliche« Reaktionen auf die Ausweisung von 135 russischen Diplomaten im Dezember und die Blockade diplomatischer Einrichtungen durch die Administration Barack Obamas geschah bislang nichts. Die US-Diplomaten durften alle bleiben, ihre Einrichtungen blieben geöffnet.

Auf den Hinweis auf »Feinde Russlands in den USA« und zerstörte Aussichten auf eine Besserung der Beziehungen mochte Außenminister Rjabkow denn aber doch nicht verzichten. Denn es grummelt auch hörbar im diplomatischen Hintergrund. So zog Moskau am Wochenende nach neun Jahren durchaus planmäßig seinen Botschafter Sergej Kisljak aus Washington ab. Der Nachfolger jedoch tritt seine Reise nicht an. Das könnte als eine Reaktion gelten. Denn der neue US-Botschafter in Moskau als sein Gegenüber wartet noch unbestimmte Zeit auf die Bestätigung durch das Parlament.

Der US-Senat habe die »Botschafter eingefroren« titelte die »Iswestija«. Aus dem State Department habe man erfahren, dass auch dort gewartet werde. In Moskau sei man nun der Meinung, dass die Anhörung des künftigen Missionschefs Jon Huntsman, der als »Stimme der Vernunft« und erfahren gilt, bewusst verzögert werde. So haben Moskau und Washington in einer kritischen Phase ihrer Beziehungen jeweils nur Geschäftsträger vor Ort.

Als »Geisel des Kongresses und antirussischer Hysterie« sieht der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses der Staatsduma, Alexej Puschkow, den US-Präsidenten. »Das ist eine neue Etappe der Konfrontation«, twitterte er. Längst mehren sich Stimmen, dass Russland »adäquat« reagieren sollte.

Herausgefordert sehen sich auch die Europäische Union und die deutsche Bundesregierung. Die in Übersee ohne Rücksprache mit den Partnern verhängten Strafmaßnahmen könnten den Weg zu Sanktionen auch gegen europäische Unternehmen ebnen, die mit Russland im Energiesektor zusammenarbeiten. Auf eine reelle Bedrohung für die europäische Wirtschaft verwies die »Nesawissimaja Gaseta«. Die Europäer müssten ihre Geschäfte reduzieren, die mit acht großen Öl- und Gas-Projekten mit russischer Beteiligung zu tun haben. »Europa steht am Rande eines Handelskrieges mit den Staaten.«

Dass die USA mit ihrem Vorgehen gegen russische Energieunternehmen eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen, ist schon aus dem Vertragstext zu entnehmen. Längst wird offen darüber gesprochen, dass sie mit Riesentankern eigenes Flüssiggas nach Europa bringen wollen.

Solche Kunde ist inzwischen auch bis in die deutsche Hauptstadt gedrungen. Hier erinnerte der Sprecher des Auswärtigen Amts einmal mehr an die bereits im Juni verbreitete Aussage des Außenministers Sigmar Gabriel, Deutschland könne es nicht hinnehmen, wenn »unter dem Deckmantel von Sanktionen Industriepolitik zu Gunsten amerikanischer Energieversorger« betrieben werde.

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