Keine US-Datscha mehr in Moskaus Silberwäldchen
Washington setzt auf verschärfte Sanktionen gegen Moskau und muss erst einmal Diplomaten aus Russland abziehen
Den Verlust ihrer Datscha im »Silberwäldchen« bei Moskau müssen die US-Diplomaten ab Dienstag verschmerzen, wenn es auch eine beliebte Oase außerhalb des quirligen Hauptstadtbetriebes ist. Kaum leicht wegstecken lässt sich die vom Außenministerium am Smolensker Platz verfügte Begrenzung für US-Vertretungen. »Wir schlagen der US-amerikanischen Seite vor, die zahlenmäßige Stärke des diplomatischen und technischen Personals der US-Botschaft in Moskau und der Generalkonsulate in Sankt Petersburg, Jekaterinburg und Wladiwostok in Übereinstimmung mit der zahlenmäßigen Stärke der russischen Diplomaten und technischen Mitarbeiter in den USA zu bringen.« Das könnte nach Schätzungen Hunderte Personen betreffen.
Erwartungsgemäß handelte das Amt von Außenminister Sergej Lawrow dabei nicht auf eigene Faust. Dessen unmittelbare »spiegelbildliche« Antwort auf die Ausweisung von 35 Diplomaten aus den USA als Spione und die Schließung russischer Einrichtungen durch Präsident Barack Obama noch im Dezember wurde vom Kremlchef verweigert. Jetzt gab Präsident Wladimir Putin seinen Segen. Sein Sprecher erklärte: »Solche Maßnahmen wären ohne Zustimmung des Präsidenten nicht möglich.«
Dieser hatte sich am Vortag ungewohnt empört über das US-Vorgehen geäußert. Bei einem Besuch in Finnland sprach er laut Agenturen von »Unverschämtheiten«, auf die geantwortet werden müsse. Wie das geschehen werde, ließ er offen: »Wir werden sehen.« Die Reaktion hänge auch davon ab, wie die Sanktionen umgesetzt würden. Natürlich sei es »schade«, wie es um das Verhältnis mit Washington bestellt sei
Der US-Senat stimmte am Donnerstag mit 98 von 100 Stimmen für den Gesetzentwurf, dessen Maßnahmen sich gegen wichtige Wirtschaftszweige, darunter auch den für Moskau zentralen Energiesektor richten. Die Abgeordneten strafen Russlands Rolle im Ukraine-Konflikt sowie die mutmaßliche Einflussnahme auf die US-Wahl ab. Andere Strafmaßnahmen richten sich überdies gegen Iran und Nordkorea. Die Abgeordneten setzen zugleich Trumps Russland-Politik Grenzen. Sie stellen sicher, dass der Präsident die Sanktionen nicht ohne Zustimmung des Kongresses aufheben kann. Trumps Kommunikationschef Anthony Scaramucci deutete an, dass sich der Präsident für ein Veto entscheiden könnte.
Der deutsche Bundesaußenminister Sigmar Gabriel bekräftigte seine Kritik an dem US-amerikanischen Vorgehen. Deutschland werde nicht akzeptieren, wenn europäische Unternehmen unter den Sanktionen litten. »Sanktionspolitik ist weder ein geeignetes noch ein angemessenes Instrument zur Beförderung nationaler Exportinteressen und der heimischen Energiebranche.«
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