Trumps Tollhaus

Pöbler Scaramucci geht, neue Probleme drohen

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Das war eines der kürzesten Gastspiele in den Amtsräumen des Weißen Hauses: Nach gerade einmal zehn Tagen als Kommunikationschef von US-Präsident Donald Trump hat Anthony Scaramucci jetzt seinen Stuhl geräumt. Er wolle dem neuen Stabschef John Kelly einen sauberen Neuanfang ermöglichen und Gelegenheit geben, ein eigenes Team zusammenzustellen, hieß es offiziell. Die »New York Times« und die Internetplattform »Politico« berichteten dagegen, dass der am Montag vereidigte Ex-General umgehend die Entlassung des früheren Wall-Street-Bankers verlangt habe. Präsidentensprecherin Sarah Sanders erklärte schließlich, Scaramucci sei wegen seiner vulgären Äußerungen zu ranghohen Mitarbeitern des Weißen Hauses entlassen worden. Der Präsident habe sie für unangemessen gehalten und dem neuen Stabschef eine solche Bürde nicht auferlegen wollen. Soll Kelly doch endlich Zucht und Ordnung in der Washingtoner Machtzentrale durchsetzen. An welchen unflätigen Äußerungen der selbst nicht gerade zimperliche Trump Anstoß nahm, wollte seine Sprecherin aber nicht verraten. Scaramucci hatte u.a. Kelly-Vorgänger Reince Priebus und Trumps Chefstrategen Steve Bannon wüst attackiert.

Seit Amtsbeginn kämpft Trump mit den Folgen seiner katastrophalen Personalpolitik. Schon nach wenigen Wochen musste der Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn gehen, weil er falsche Angaben zu seinen Moskauer Kontakten gemacht hatte. Zuletzt war auch Trumps Pressesprecher Sean Spicer zurückgetreten, aus Protest gegen Scaramuccis Anstellung. Andere wichtige Mitarbeiter sind im Dunstkreis der Russland-Affäre ebenfalls stark unter Druck geraten, darunter Justizminister Jeff Sessions und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, einer der einflussreichsten Berater.

Nun stellt sich heraus, dass der Präsident höchstselbst für eine irreführende und unvollständige Stellungnahme seines Sohnes Donald über die Russland-Kontakte des Trump-Teams im Wahlkampf verantwortlich ist. Wie die »Washington Post« am Dienstag berichtete, habe Trump sen. persönlich dessen Erklärung zu einem Treffen im Juni 2016 mit der russischen Anwältin Natalia Weselnizkaja diktiert. Mit der Affäre befassen sich FBI, Kongressausschüsse und Sonderermittler Robert Mueller, wobei sogar der Vorwurf der Justizbehinderung durch den Präsidenten im Raum steht. Mit ihr werden auch die vom US-Kongress beschlossenen Sanktionen gegen Russland legitimiert.

Nachdem das Rollback der Gesundheitsreform von Barack Obama im Kongress nach mehreren Anläufen wohl endgültig gescheitert ist, droht Trump nun auch eine neue politische Schlappe. Nach Einschätzung des einflussreichen Vorsitzenden des Finanzausschusses im Senat, Orrin Hatch, werde man seine Zielmarke für eine Steuerentlastung von US-Firmen deutlich verfehlen. Trump hatte im Wahlkampf eine Absenkung der Körperschaftssteuer von derzeit 35 auf 15 Prozent versprochen. Doch schon 25 Prozent wären so etwas wie ein Wunder, so Hatch. Und selbst das dürfte den Staat nach Berechnungen unabhängiger Experten Billionen Dollar an Einnahmen kosten.

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