Abgeordnete dürfen nach Konya - aber nur mit der NATO

Türkei genehmigt Besuch der Bundeswehr durch deutsche Parlamentarier auf Luftwaffenstützpunkt / LINKE: Regierung kapituliert vor Ankara

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Berlin. Nun also doch: Die türkische Regierung hat einem Besuch deutscher Abgeordneter bei Bundeswehrsoldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Konya zugestimmt. Das teilte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) dem Verteidigungsausschuss des Bundestags in einem am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Schreiben mit. Die Reise findet nun allerdings unter dem Schirm der NATO statt. Das ruft die Kritik der Opposition hervor.

Mitte Juli hatte die Türkei einen geplanten Besuch von Mitgliedern des Verteidigungsausschusses des Bundestags bei deutschen Soldaten auf dem Stützpunkt Konya abgelehnt und damit die deutsch-türkischen Spannungen weiter verschärft. Die NATO bemühte sich daraufhin darum, zwischen den beiden Mitgliedern des Militärbündnisses zu vermitteln.

Mit Erfolg: Dem Schreiben Gabriels zufolge hat die türkische Regierung dem Vorschlag von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zugestimmt, die Reise der deutschen Abgeordneten »im NATO-Rahmen« zu organisieren. Die türkische Seite habe den Besuch für den 8. September bestätigt, teilte Gabriel dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD), mit.

Der Besuch in Konya soll demnach unter Leitung der stellvertretenden NATO-Generalsekretärin Rose Gottemoeller stattfinden, sieben Mitglieder des Verteidigungsausschusses können Teil der Delegation sein. Von Konya aus starten Awacs-Aufklärungsflugzeuge der NATO zu Einsätzen im Kampf gegen den IS.

Hellmich begrüßte die Einigung. »Das ist in unserem Interesse«, sagte der SPD-Politiker der AFP. »Das ist ein wichtiger Schritt, in der NATO deutlich zu machen, dass das Besuchsrecht unabdingbar ist.« Ein Besuch auf NATO-Einladung ersetze zwar nicht das Recht auf Bundestagsbesuche. »Aber er ist ein wichtiger Beitrag, um einen Konflikt zu entschärfen, der der Nato gar nicht dienlich war.«

Die Opposition kritisierte den Kompromiss, nach dem die türkische Regierung Bundestagsabgeordneten einen Besuch bei den deutschen Soldaten in Konya nur als Teil einer NATO-Delegation erlaubt. »Das stellt eine Kapitulation der Bundesregierung vor dem Verhalten der Türkei dar«, sagte der LINKEN-Parlamentarier Alexander Neu der AFP. Die Bundesregierung stelle die Reise lieber unter den Schirm der NATO, anstatt den Konflikt mit entsprechendem Druck auf Ankara zu lösen.

Das gewählte »Hilfskonstrukt« über die NATO tauge »nicht zur Dauerlösung«, erklärte auch die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger. »Es kann nicht sein, dass bei jeder Reiseplanung Präsident Erdogan den nächsten Erpressungsversuch startet.« Das Besuchsrecht müsse von nun an uneingeschränkt gelten.

Als Konsequenz aus dem Streit mit der Regierung in Ankara um verweigerte Abgeordnetenbesuche bei Bundeswehrsoldaten auf dem türkischen Stützpunkt Incirlik hatte die Bundesregierung das dortige Bundeswehr-Kontingent nach Jordanien verlegt.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) begrüßte hingegen die Einigung. »Es ist eine gute Lösung, dass der Besuch deutscher Abgeordneter nun unter dem Dach der NATO stattfinden kann«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. »Die Flüge aus Konya sind eine NATO-Mission, die Awacs-Flugzeuge sind eine NATO-Fähigkeit. Deshalb ist es richtig, dass die NATO auch die Organisation der Reise von NATO-Parlamentariern nach Konya in die Hand genommen hat.«

Grundsätzlich müsse es aber möglich sein, »dass Abgeordnete unsere Einsatzkontingente besuchen dürfen«, sagte von der Leyen. »Das ist auch eine Frage des gegenseitigen Respekts in der NATO.« Den Respekt, den die Türkei von Deutschland erwarte, müsse sie auch selbst zeigen. »Wir sollten uns darauf konzentrieren, den islamistischen Terror zu bekämpfen. Das ist auch im Interesse der Türkei.« Agenturen/nd

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