Wenn im Testament ein Nacherbe benannt werden soll

Erbrecht

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Der Fall: Eine Witwe setzte ihre Schwester als Erbin ein. In ihrem Testament »empfahl« sie der Schwester zugleich, für den Fall ihres Todes eine Bekannte als »Nacherbin« zu bestimmen. Das war die Tochter einer Nachbarsfamilie. Deren Mitglieder halfen uns öfter und, so die Witwe, sie könnten »das Anwesen wegen ihrer Wohnnähe am ehesten in Ordnung halten«.

Nach dem Tod der Witwe stellte sich wegen dieses Abschnitts im Testament die Frage, ob die Schwester nur Vorerbin geworden war. Das bedeutet in der Regel, dass der oder die zunächst Begünstigte nicht über den Nachlass verfügen kann. Das Nachlassgericht war der Ansicht, die Schwester sei unbeschränkt »Vollerbin« geworden: Wenn im Testament der Nacherbe nicht präzise bestimmt sei, folge daraus, dass es überhaupt keinen Nacherben gebe.

Das Urteil: Dem widersprach das Oberlandesgericht Hamm (Az. 15 W 172/95). Es sei zwar richtig, dass eine letztwillige Verfügung unwirksam sei, die es einer anderen Person überlasse, den Erben zu bestimmen. Das gelte auch für die Einsetzung von Vor- und Nacherben. Die Empfehlung für die Bekannte sei also gegenstandslos. Das sei aber nicht gleichbedeutend damit, dass es keinen Nacherben gebe.

Wie auch in den Fällen, in denen im Testament nur ein Vorerbe, aber kein Nacherbe benannt sei, laute die Lösung: Dann würden die gesetzlichen Erben automatisch Nacherben, also die nächsten Angehörigen.

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Ist das Testament automatisch erfüllt?

Eine Frau vermachte ihrer Nichte im Testament noch zu DM-Zeiten 50 000 DM. Bereits vor ihrem Tod schenkte sie der Nichte, die von dem Testament nichts wusste, denselben Geldbetrag. Als Erben des Vermögens hatte die Frau im Testament ihren Neffen bestimmt. Nun begann ein Erbrechtsstreit.

Denn als die Tante verstorben war, weigerte sich der Neffe, der Nichte den im Testament versprochenen Betrag auszuzahlen. Seiner Ansicht nach hatte sie die ihr zustehenden 50 000 DM schon vor dem Todesfall durch Schenkung erhalten. Die Nichte erhob daraufhin Klage.

Sie setzte sich mit ihrer Klage beim Oberlandesgericht Hamm (Az. 10 U 17/95) durch. Der Neffe muss die 50 000 DM herausrücken. Behalten dürfte er den Betrag nur, wenn die Tante vor ihrem Tode unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hätte, dass das Geldgeschenk an die Nichte bereits die im Testament versprochene Summe sein solle. Das treffe aber nicht zu. Das Testament sei auch nicht geändert oder ein neues erstellt worden. Daher habe die Nichte Anspruch, den Geldbetrag noch einmal zu erhalten. OnlineUrteile.de

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