»Harvey« ist Trumps Chance

Gutes Management beim Hochwasser in Texas spült präsidiale Sympathiewerte nach oben

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.

Texas versinkt in den Fluten gewaltiger Regengüsse des zum Tropensturm herabgestuften Hurrikans »Harvey«. In nur 72 Stunden fielen in Houston, der viertgrößten Stadt der USA, mehr als 70 Zentimeter Regen. In solchen Katastrophenlagen blicken die Amerikaner aufs Weiße Haus und darauf, was ihr Präsident tut. Und Präsident Donald Trump ist da, hat das Krisenmanagement, soweit es aus Washington erfolgt, an sich gezogen.

Ganz anders als der republikanische Präsident George W. Bush 2005 beim Hurrikan »Katrina«. »Katrina« ließ New Orleans in Regenfluten versinken. Bush jun. hatte das Ausmaß der Katastrophe unterschätzt, flog viel zu spät nach Louisiana und bekam die Quittung in sinkenden Zustimmungswerten. Sein Nachfolger Barack Obama hat das 2012 beim Hurrikan Sandy, der New York und New Jersey traf, wohl noch gut in Erinnerung, erschien schnell vor Ort und handelte sich Lob ein.

Trump flog schon am Dienstag nach Texas. Und in seinen Twitter-Meldungen, die er gewöhnlich zur Beschimpfung echter und vermeintlicher Gegner nutzt, zeigte er dieses Mal Mitgefühl. »HISTORISCHER Regen in Houston und überall in Texas«, twitterte Trump am Sonntag. »Die Fluten sind nie da gewesen, und noch mehr Regen wird kommen. Die Haltung der Menschen ist unglaublich. Danke!«

Die Meldung aus dem Weißen Haus las sich nüchterner. »Präsident Trump hat seine entschiedene Erwartung ausgedrückt, dass alle Ministerien und Behörden in vollem Umfang die Gouverneure von Texas und Louisiana unterstützen. Priorität Nummer eins ist es, Leben zu retten«, erklärte die Regierung am Sonntagabend.

Hurrikan »Harvey« könnte politisch zum Glücksfall für Trump werden. »Das spielt Präsident Trump richtig in die Hände«, sagte sein Berater für Sicherheit im Inland, Tom Bossert. Er habe Führungskraft bewiesen.

Trump hat einen politischen Erfolg bitter nötig. Seine Zustimmungswerte sind in den vergangenen turbulenten, für ihn negativen Wochen laut einer Gallup-Umfrage auf 34 Prozent gesunken. Begonnen hatte das mit dem Scheitern der Republikaner, im Kongress eine eigene Version der Gesundheitsreform Obamas zu verabschieden. Und es endete mit den Äußerungen Trumps zu den Ausschreitungen von Charlottesville in Virginia, aus denen Sympathie für Neonazis herausgelesen werden konnte.

Beim Hurrikan »Harvey« und den Rettungsmaßnahmen in Texas aber geht es weniger um Politik als um zupackendes Management. Und: Man muss die richtigen Einsatzleiter haben. Mit der Ernennung des Direktors der Federal Emergency Disaster Agency (FEMA), des nationalen Katastrophenschutzes, hatte Trump eine glückliche Hand. William Long hat vor seiner Ernennung zum FEMA-Direktor Erfahrungen als Katastrophenmanager gesammelt, so bei den Maßnahmen Alabamas auf die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko 2010/11.

Long gab sich in Interviews am Wochenende energisch. Auf CNN sagte er: »FEMA wird viele Jahre hier bleiben.« Denn die Folgen des Hurrikanregens seien nur in langer Arbeit zu bewältigen. Auch der texanische Gouverneur, der Republikaner Gregory Abbot, lobte Long. »Ich muss ihnen sagen, ich gebe der FEMA die Note eins plus, angefangen vom Präsidenten bis ganz nach unten.« Auch das Weiße Haus sei hilfreich.

Regen und Überflutungen sind nicht die einzige Herausforderung für Trump. Denn Houston und Texas sind Schwerpunkte der Öl- und Gasindustrie der USA. Jetzt steht alles unter Wasser, die Produktion steht still. Das kann nach Ansicht des Experten Patrick DeHaan von Gas Buddy zu Preissteigerungen von bis zu 25 US-Cent pro Gallone (3,8 Liter) führen. Hohe Benzinpreise sind in den USA ein Politikum. »Harvey« könnte Trump doch noch einholen.

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