Nach Assads Sturz: Neue Gewalt in Syrien

Viele Tote bei Kämpfen zwischen Drusen und Beduinen

  • Lesedauer: 3 Min.
Sicherheitskräfte der syrischen Regierung auf dem Weg in die Unruhe-Provinz Sweida.
Sicherheitskräfte der syrischen Regierung auf dem Weg in die Unruhe-Provinz Sweida.

In Syrien ist trotz der Bemühungen um mehr Stabilität im Land erneut Gewalt ausgebrochen. In der südlichen Provinz Suwaida wurden mindestens 50 Menschen bei Zusammenstößen bewaffneter Gruppen getötet, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Montag berichtete. Darunter seien 34 Angehörige der drusischen Minderheit sowie zehn Beduinen und sechs Regierungssoldaten. Dutzende Menschen seien zudem verletzt worden, einige davon lebensgefährlich. Unter den Opfern seien auch Kinder.

Das syrische Innenministerium berichtete von mehr als 30 Todesopfern und rund 100 Verletzten in mehreren Gemeinden. Die Regierung von Präsident Ahmed al-Scharaa hatte die Kontrolle in Damaskus nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad vor rund einem halben Jahr übernommen. Sie ist seitdem bemüht, Stabilität herzustellen in dem Land, in dem ab 2011 mehr als zehn Jahre lang ein Bürgerkrieg tobte.

Die Zusammenstöße gingen auch im Laufe des Montags weiter. Es sei »kein unmittelbares Ende in Sicht«, teilte die Beobachtungsstelle mit. Diese verfolgt von London aus das Konfliktgeschehen in Syrien mit einem Netzwerk aus Aktivisten.

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Unruhen seit Raubüberfall

Laut Beobachtungsstelle begannen die Unruhen vor einigen Tagen durch einen Raubüberfall auf einen drusischen Jugendlichen auf der Schnellstraße zwischen Damaskus und Suwaida. Angehörige örtlicher Stämme errichteten demnach einen Kontrollpunkt, an dem sie den jungen Mann gestoppt haben sollen, brutal schlugen und ausraubten. Daraufhin hätten drusische Kämpfer ihrerseits Beduinen entführt, was in der Gegend schließlich zu Gewalt geführt habe.

Das Verteidigungsministerium schickte Militäreinheiten, um die Gewalt zu beenden. Einige der Truppen kämpften dabei an der Seite der Beduinen, teilte die Beobachtungsstelle mit, die von Mörserbeschuss und Drohnenangriffen berichtete.

Die Soldaten der Regierung seien dem Schutz der Zivilbevölkerung verpflichtet, teilte das Ministerium mit. »Die Wiederherstellung von Sicherheit und Stabilität in Suwaida ist eine gemeinsame Verantwortung zwischen dem Staat und seinen Bürgern.« Man arbeite mit den Drusenführern und dem Gouverneur Suwaidas daran, die Lage zu beruhigen.

Drohungen mit Anschlägen

Die neue Regierung hat dem konfessionell gespaltenen Land mit seinen rund 23 Millionen Einwohnern ein »Syrien für alle« versprochen. Im Land und international wird der Schutz von Minderheiten kritisch verfolgt. Seit Antritt der neuen Regierung kam es wiederholt zu teils konfessioneller Gewalt mit teilweise Hunderten Toten, was weiterhin Ängste schürt, unter anderem bei Drusen, Alawiten und Christen.

Vor drei Wochen hatte eine zuvor weitgehend unbekannte Dschihadistengruppe einen Selbstmordanschlag auf eine Kirche in Damaskus für sich reklamiert, bei dem mindestens 25 Menschen getötet und mehr als 60 weitere verletzt wurden. Die Gruppe Saraja Ansar al-Sunna drohte mit weiteren Anschlägen.

Die außenpolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, Cansu Özdemir, forderte, dass es angesichts der neuen Gewalt keine Abschiebungen nach Syrien geben dürfe. Syrien zählt seit Jahren zu den wichtigsten Herkunftsländern von Menschen, die in Deutschland Schutz suchen.  dpa/nd

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