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Auf Durst ist Verlass

Von Iris Rapoport , Boston und Berlin

  • Iris Rapoport
  • Lesedauer: 3 Min.

Von alters her hat Wasser den Menschen fasziniert. In der Antike galt es neben Feuer, Erde und Luft als eines der vier Urelemente. Thales von Milet hielt es gar für den Urstoff allen Seins. Leben, so wie wir es kennen, hat sich mit größter Wahrscheinlichkeit im Meer entwickelt. Gleichsam als dessen Echo ist Wasser mit durchschnittlich 60 Prozent der Hauptbestandteil unseres Körpers. Doch wie viel von dem lebensnotwendigem Nass brauchen wir täglich?

Fest steht, dass jeglicher Verlust ausgeglichen werden muss. Allein die Verdunstung über Lunge und Haut beläuft sich am Tag auf gut einen Liter. Über den Darm verlieren wir nur einen Bruchteil davon. Der Hauptteil des Schwundes geht auf das Konto der Niere. Dort werden bei der Entsorgung von überschüssigen oder gar schädlichen Endprodukten des Stoffwechsels oder auch Salzen täglich etwa 1,5 Liter verbraucht. Hormonell gesteuert, wacht die Niere gleichzeitig über die Konstanz des Flüssigkeitsvolumens des Körpers und die Konzentration der darin gelösten Stoffe. 2,5 Liter Wasserverlust lassen sich so kalkulieren. Doch das ist nichts als ein grober Richtwert. Der kann enorm schwanken. Er hängt von Klima, Essgewohnheiten und körperlicher Aktivität ab. Von Krankheiten ganz zu schweigen.

Auch ist er beileibe nicht identisch mit dem, was wir trinken müssen. Die Hälfte unseres Wasserbedarfs wird bereits mit der festen Nahrung gedeckt. Nicht nur, weil diese selbst schon eine Menge Wasser enthält. Auch weil im Stoffwechsel zusätzlich Wasser gebildet wird. So bleiben täglich etwa 1,2 Liter übrig, die durch Trinken aufgefüllt werden müssen. Auch das ist nur ein grober Orientierungswert, denn ein halber Liter mehr oder weniger ist durchaus möglich.

Zum Glück hat die Natur uns mit einem ungewöhnlich empfindlichen Sensor ausgestattet - dem Durst. Wer nicht zu jung, zu alt oder zu krank ist, kann sich auf ihn verlassen. Bereits vor einem kritischen Wasserverlust signalisieren Osmorezeptoren im Hirn: Trinken! So ist kein Abmessen von Litern nötig.

Doch auch bei Wasser kann man des Guten zu viel tun. Spätestens wenn man meint, ohne gefüllte Wasserflasche nicht aus dem Haus gehen zu können und quälend oft die nächste Toilette sucht, läuft etwas schief. Und da schafft unsere Niere es noch, durch Ausscheidung eines verdünnten Harns, uns vor Schäden durch zu viel Wasser zu schützen. Denn es gibt sie durchaus: die Wasservergiftung. Die Gefahr lauert gerade dort, wo wir sie am wenigsten erwarten: wenn wir viel schwitzen, z.B. bei starker Hitze oder beim Ausdauerlauf. Wird dabei nur das Wasser, nicht aber das gleichzeitig verlorene Salz ersetzt, schwellen die Zellen an. Vor allem unser Hirn in seiner knöchernen Umhüllung ist dafür gar nicht geschaffen. Kopfschmerzen sind noch die mildeste Konsequenz. Es kann aber schlimmere, im Extremfall sogar tödliche Folgen haben.

Wer weiß, ob durch ständige Zufuhr festgelegter Mengen nicht unser Durstgefühl gestört werden kann, so wie Überangebot und Appetit, für Hunger gehalten, zur Volkskrankheit Überernährung geführt haben.

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