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Ausgewogene Eskalation USA-Russland

Streit um den Mittelstreckenvertrag erreicht die NATO / Washington lässt Konsulat schließen

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Die eisigen Beziehungen zwischen den USA und der NATO sowie Russland könnten sich im Streit um die Einhaltung des Abkommens über nukleare Mittelstreckensysteme (INF) weiter verschlechtern. Nach Informationen von »Süddeutscher Zeitung«, NDR und WDR vom Freitag soll ein geheimes NATO-Papier 39 mögliche Reaktionen auf angebliche russische Verstöße auflisten, darunter den Ausbau der nuklearen Abschreckung. Es könnten mehr Frühwarnsysteme installiert, die U-Boot-Abwehr verstärkt und B-2- und B-52-Bomber häufiger in Europa eingesetzt werden.

Ein NATO-Sprecher bestätigte formelle Gespräche darüber in der Allianz. Die Vorwürfe lassen auf das Pentagon als Urheber schließen. Denn die Anschuldigungen, Russland verstoße gegen die INF-Bestimmungen aus dem Jahre 1987, stammen von den USA und sind nicht neu. Dort verbreitete im Frühjahr der Generalstab, Moskau stationiere landgestützte nuklearwaffenfähige Marschflugkörper mit einer - verbotenen - Reichweite von mehr als 500 Kilometern. Prompt forderte der Kongress Gegenmaßnahmen.

Moskau seinerseits beteuert Unschuld und Vertragstreue, beschuldigt aber den Vertragspartner, gegen die von Präsident Ronald Reagan und Generalsekretär Michail Gorbatschow ausgehandelten Punkte selbst zu verstoßen. So verletze der Pakt den INF-Vertrag vor allem mit Raketenabwehranlagen in Rumänien. Das soll laut Experten auch für die Entwicklung eines landgestützten, mobilen, atomwaffenfähigen US-Marschflugkörpers gelten.

Nicht einmal in der Beurteilung der jüngsten diplomatischen Maßnahmen können sich Washington und Moskau noch einigen. Die für Samstag verfügte Schließung des Generalkonsulats Russlands in San Francisco und seiner Handelsvertretungen in Washington und New York innerhalb von nur 48 Stunden nannte das US State Department bei der Verkündung am Donnerstag »ausgewogen«. Der Chef des russischen Außenamtes, Sergej Lawrow, sprach von einer »Eskalation der Spannungen« und kündigte eine »harte Reaktion« an.

In der Diplomatie dreht sich bereits die Spirale der Eskalation. So wird das laut russischen Diplomaten »unfreundliche« Vorgehen von den USA als Retourkutsche dargestellt. Es handele sich dabei um die Antwort auf den von Moskau verfügten und fristgemäß zum 1. September erfolgten Abbau von 755 Mitarbeitern in US-Vertretungen in Russland.

Russland erklärte dies zu einem »Vorschlag« aufgrund der provokanten Ausweisung von 35 russischen Diplomaten durch den scheidenden US-Präsidenten Barack Obama im Dezember des Vorjahres. Vorwand dafür waren bis heute unbewiesene russische Hackerangriffe und Moskauer Einflussnahme auf den Wahlkampf.

Vergeblich hatte Moskau ein gutes halbes Jahr auf die Einlösung der Wahlkampfankündigung des Präsidenten Donald Trump gehofft, für Tauwetter sorgen zu wollen. Stattdessen verhängte der Kongress per Gesetz neue Sanktionen, die von Trump unterzeichnet wurden. Mit Agenturen

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