»Elefantenrunde« mit launigen Unternehmern

Berliner Spitzenkandidaten der sechs großen Parteien trafen zum ersten Mal auf einem Podium aufeinander

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Statler und Waldorf heißen die beiden grummelnden alten Herren aus der »Muppet Show«, das sind die, die auf dem Balkon immer bissige Kommentare abgeben. Die Pendants zu den beiden Showcharakteren sind bei den Berliner Unternehmerverbänden der Hauptgeschäftsführer der Industrie und Handelskammer (IHK), Jan Eder, und der Geschäftsführer des Vereins der Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), Udo Marin. Als solche wurden sie zumindest am Mittwoch im Ludwig-Erhard-Haus von IHK-Präsidentin Beatrice Kramm vorgestellt.

Eder und Marin, die Moderatoren des wirtschaftspolitischen Frühstücks, sind für ihre Zuspitzungen und überzogenen Fragen berüchtigt. Aber was vermeintlich dröge politische Themen interessant machen soll, kann auch übers Ziel hinausschießen. So war die politische Diskussion der sogenannten Elefantenrunde am Mittwoch zwar gut besetzt: Gekommen waren fast alle Spitzenkandidatinnen und -kandidaten (Eva Högl, SPD; Petra Pau, LINKE; Lisa Paus, Grüne, Christoph Meyer, FDP und Beatrix von Storch, AfD). Nur Staatsministerin Monika Grütters (CDU) musste wegen einer Kabinettssitzung passen, sie wurde von Kai Wegner vertreten. Die Debatte wurden aber immer wieder von Geplänkel zwischen den Podiumsteilnehmern und den beiden launigen Moderatoren überschattet.

Zur Sache ging es lediglich unter anderem beim Thema Tegel, bei dem der FDP-Spitzenkandidat Christoph Meyer der IHK sogar vorwarf, mit ihrer Positionierung zugunsten einer Schließung des Flughafens »Politik zu machen«. Und bei dem er der IHK empfahl, mal eine Mitgliederumfrage zu machen, was wiederum Eder empört zurückwies.

Dass derbes Auftreten einer Moderation keine gute Vorbereitung ersetzt, zeigte sich bei der Frage an Petra Pau, warum die LINKE ein bedingungsloses Grundeinkommen vertrete. »Sie haben unser Wahlprogramm nicht gelesen«, konterte Pau. Denn das bedingungslose Grundeinkommen komme darin gar nicht vor, sondern eine sanktionsfreie Mindestsicherung. Auch der Spandauer CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner bemerkte an einer Stelle sinngemäß: Die ein oder andere Fragestellung ist geeignet, weiter Politikverdrossenheit zu erzeugen.

Angesichts der dominanten Moderation blieben auch Kontroversen unter den Podiumsteilnehmern weitgehend aus. So gab es auch keinen frühzeitigen Abgang der AfD-Spitzenkandidatin Beatrix von Storch, den einige im Vorfeld vorhergesagt hatten. Diese erklärte kaum widersprochen den Euro »in seiner ganzen Verfasstheit« zum Fehler und schwadronierte in üblicher Manier gegen geflüchtete Menschen, und als einzige erwähnte sie »den Islam«. Der Konsens unter den demokratischen Parteien gegen die AfD steht. »Ich möchte auf Frau von Storch gar nicht eingehen«, brachte Kai Wegner seine Haltung, nicht zwingend etwas zur AfD sagen zu müssen, auf den Punkt.

Einigkeit herrschte im Unternehmerpublikum und auf dem Podium darüber, dass Deutschland und Berlin derzeit auf einer einmaligen konjunkturellen Welle surfen. Große Unterschiede gab es darüber, was das für Konsequenzen für die Politik hat. Während FDP und AfD Steuerentlastungen in Aussicht stellen, sprechen Grüne und LINKE unter anderem von der Einführung einer Vermögenssteuer. Petra Pau: »Ja, die LINKE bekennt sich dazu, Steuern sind erfunden worden, um in der Gesellschaft zu steuern.« Die CDU war stolz auf die »schwarze Null« in der Haushaltsführung. Die SPD erinnerte daran, dass man auch für arme Menschen »Politik machen« müsse.

Am Ende sagte IHK-Moderator Jan Eder: »Dank an alle sechs, dass Sie unsere Fragen ertragen haben.«

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal