Steuerzahler erhalten im Schnitt 901 Euro zurück

Einkommensteuerbescheid

  • Dr. Rolf Sukowski
  • Lesedauer: 3 Min.

Die gute Nachricht vorneweg: Die weitaus meisten Steuerzahler erhalten mit der Steuererklärung Geld vom Fiskus zurück. Im Jahr 2012 hatten von insgesamt 13,1 Millionen Steuerpflichtigen 11,4 Millionen eine Erstattung erhalten. Diese lag im Durchschnitt bei 901 Euro. Diese Zahlen legte jetzt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden vor.

In der Mehrzahl der Fälle lagen die Erstattungen zwischen 100 und 1000 Euro (61 Prozent). Dagegen mussten 1,5 Millionen Steuerpflichtige im Durchschnitt 965 Euro nachzahlen, wie aus den Angaben des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.

Steuerbescheid genau prüfen

Die Einkommensteuererklärung wurde abgeben, mehrere Wochen Wartezeit sind verstrichen und endlich liegt der Steuerbescheid im Briefkasten. Eine oft ungeliebte Aufgabe ist die genaue Überprüfung des Steuerbescheids. Oft schweift der Blick nur auf die Zeile mit der Steuerrückerstattung beziehungsweise Steuernachzahlung. Jedoch selbst in Zeiten von ELSTER kann ein Steuerbescheid vom Finanzamt fehlerhaft sein. Ein rechtzeitiger Einspruch hilft, kein Geld zu verschenken.

Die Festsetzungstabelle im Steuerbescheid ist ein böhmisches Dorf? Die Auseinandersetzung damit zeitintensiv? Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, den Bescheid von einem Profi, wie zum Beispiel einem Lohnsteuerhilfeverein, prüfen zu lassen. So kann man unter Umständen mehr von der Steuer zurückholen. Die Prüfung sollte nicht lange aufgeschoben werden, denn der Einspruch muss innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Bescheids eingelegt werden.

Laufend gibt es Urteile von Finanzgerichten und immer wieder neue Ausnahmeregelungen. Ein Laie kann daher kaum wissen, wie gerade der rechtsgültige Stand ist. Recherchen im Internet können beispielsweise auf veraltete Urteile verweisen, die inzwischen überholt sind.

Wer sich nicht täglich mit der Materie befasst verliert leicht den Überblick. Auch werden Urteile vom Finanzamt nicht sofort umgesetzt. Hier heißt es, die Möglichkeiten zu kennen und Einspruch einzulegen. Nur so kann man später von der Korrektur des Steuerbescheids profitieren.

Übrigens wurden 2015 dreieinhalb Millionen Einsprüche gegen Steuerbescheide bei Finanzämtern erhoben. Und die Erfolgsquote ist hoch. Für mehr als zwei Drittel hat sich der Einspruch gelohnt! dpa/nd

Was ist steuerlich eigentlich alles absetzbar?

Jedes Jahr aufs Neue fragen sich das Millionen Steuerzahler. «Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit (erste Tätigkeitsstätte), Auslagen für medizinische Behandlungen, haushaltsnahe Dienstleistungen - dies sind nur einige der Posten, die sogar beträchtlich zu einer Steuererstattung beitragen können.

Ein wichtiger Posten sind die Fahrtkosten zur Arbeit. In der Regel geht es um die »Erste Tätigkeitsstätte«, das heißt, hier können pauschal 0,30 Euro pro Kilometer abgerechnet werden, allerdings nur für die einfache Strecke. Doch es gibt Ausnahmen, zum Beispiel für diejenigen, die bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt sind.

Nach neuer Rechtsprechung sollten Zeitarbeitnehmer prüfen, ob sie überhaupt eine »Erste Tätigkeitsstätte« haben. Ist dies nicht der Fall, können Dienstreisekosten für den Weg zur Arbeit angesetzt werden. Das heißt: Es können die Auslagen für Hin- und Rückweg in die Steuererklärung eingetragen werden. Davon können unter bestimmten Umständen auch Bauarbeiter profitieren. Wer Dienstreisekosten absetzen kann, der kann auch für die ersten drei Monate Verpflegungsmehraufwand geltend machen.

Wichtig sind auch die Kosten für ärztliche Behandlungen, die Sie selbst gezahlt haben. Alle Kosten, die über die sogenannten »zumutbaren Belastungen« hinausgehen, wirken sich steuermindernd aus. Genau diese Hürde ist jetzt deutlich gesenkt worden. Dies geht auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. VI R 75/14) zurück (siehe nd-ratgeber vom 5. Juli 2017).

Sogenannte »haushaltsnahe Dienstleistungen« können ebenfalls steuermindernd ins Gewicht fallen. Das gilt sowohl für Mieter als auch für Wohnungs- oder Hauseigentümer. Eine Vielzahl von Dienstleistungen kann man hier geltend machen. Dazu zählen unter anderem Garten- oder Entrümpelungsarbeiten zum Beispiel im Keller, Grundreinigung der Wohnung und der Fenster. Bis zu 4000 Euro können hier angesetzt werden, 20 Prozent der Kosten wirken steuermindernd.

Handwerkerrechnungen können wie haushaltsnahe Dienstleistungen abgesetzt werden. Die Tätigkeiten müssen im Zusammenhang mit dem Haushalt stehen, aber sie müssen nicht zwangsläufig auf dem Grundstück oder in der Wohnung entstanden sein. Für Handwerkerrechnungen gilt eine Höchstgrenze von 6000 Euro. Auch hier wirken sich 20 Prozent der Kosten steuermindernd aus. Handwerkerkosten wie haushaltsnahe Dienstleistungen können jedoch nur dann abgesetzt werden, wenn die Rechnungen per Überweisung bezahlt worden sind.

Eltern können für Kinder bis 14 Jahre maximal 6000 Euro Betreuungskosten angeben. Zu den Betreuungskosten zählen zum Beispiel Ausgaben für eine Tagesmutter oder für die Kindertagesstätte. Der Fiskus berücksichtigt bis zu zwei Drittel der Kosten als Sonderausgaben, also höchstens 4000 Euro.

Noch ein Tipp für Studenten: Wer während der Studienzeit gejobbt hat, sollte prüfen, inwieweit der Arbeitgeber vom Lohn Steuern abgeführt hat. Einkünfte bis zum Grundfreibetrag von unter 8472 Euro sind steuerfrei, auch eventuell einbehaltener Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer werden erstattet.

Die Liste lässt sich natürlich noch um eine Vielzahl von Punkten erweitern. Insofern ist derjenige gut beraten, der sich von einem Lohnsteuerhilfeverein oder einem Steuerberater betreuen lässt.

Der Autor ist Leiter der Beratungsstelle Berlin der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer, Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck.

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