Neue Heimat hörbar tolerant

CD mit 13 Titeln von jungen Künstlern aus Berlin und Brandenburg - und aus Afghanistan

Beatbox nennt sich das. Sänger Rami Cross aus Berlin-Kreuzberg imitiert mit seiner Stimme ein Instrumentalstück. Der 29-Jährige macht das so hochprofessionell, dass die Zuhörer tatsächlich denken könnten, dass hinter ihm eine komplette Band spielt, wenn sie nicht sehen würden, dass er allein auf der Bühne steht.

Am Mittwochabend wurde vor dem Brandenburger Tor in Potsdam die CD »Hörbar tolerant reloaded« präsentiert und gleich kostenlos an Passanten verteilt. Rami Cross ist auf diesem Tonträger mit zwei Titeln vertreten. »Deine Stimme zählt, 2017, lass sie dir nicht nehmen«, rappt er gemeinsam mit Johnny Strange, und dann steuerte er noch das Lied »Nächste Runde« bei. Im Mai hatten das Bündnis für Brandenburg und die Kreuzberger Musikalische Aktion zu einem Song-Contest, also einem Liederwettbewerb aufgerufen. Das Motto: »Deine Stimme zählt: Musik für Vielfalt und Toleranz in Brandenburg«. 25 Bewerbungen gingen ein, zwölf wurden für Aufnahmen im Tonstudio ausgewählt. Herausgekommen ist Musik verschiedener Stilrichtungen, die nun auch im Internet heruntergeladen werden kann.

»Musik bewegt, Musik verbindet, Musik ist eine Sprache, die jeder versteht«, sagt Bildungsminister Günter Baaske (SPD). »Die Künstlerinnen und Künstler werben mit ihren Mitteln nachdrücklich für Menschlichkeit und Toleranz, für Miteinander und Zusammenhalt.«

In seinem grauen Anzug wirkt der 59-jährige Minister unter den Jugendlichen bei dem Konzert ein klein wenig deplatziert. Aber er hat eine coole Sonnenbrille auf und steht nicht einfach steif da, während er Rami Cross zuhört. Die Hände lässig in die Taschen gesteckt, wippt Baaske den Takt mit. Das Musikgeschäft ist ihm keineswegs fremd. In den Jahren 1989 bis 1993 war er nebenberuflich Manager der gerade in dieser Zeit sehr bekannten Band »Keimzeit«, erinnert sei an Hits wie »Irrenhaus« und »Kling Klang«.

Als Rami Cross die Bühne verlassen will, fordern Fans eine Zugabe. Der 29-Jährige greift noch einmal zum Mikrofon und verrät: »Ich hab nichts mehr!« Derweil geben Asis, Shams und Mostapha dem Fernsehsender Potsdam TV ein Interview. Die drei Jungen sind aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet, können schon sehr gut Deutsch und beteiligen sich an dem Musikprojekt ESTAbien. Mit dem Stück »Sarzamine Man« (»Meine Heimat«) ist ESTAbien auf der CD dabei.

»Wir sind eine offene, integrative Musikschule in Neuruppin und Wittstock«, erläutert Projektleiter Max Lingk. 15 bis 20 Jugendliche machen mit, Deutsche und Afghanen, Iraker und Iraner, Jungen und Mädchen. Auch zwei leicht Behinderte sind darunter. Eine Anschubfinanzierung habe die »Aktion Mensch« spendiert, lobt Max Lingk. Mit Fördermitteln halte sich das Musikprojekt der evangelischen Diakonie nun schon seit anderthalb Jahren über Wasser. Man habe bereits einige Preise gewonnen. »Wir könnten eigentlich jeden Tag spielen im Moment«, schwärmt der Projektleiter.

Dass es den drei Jungs aus Afghanistan großen Spaß macht, sieht man ihnen deutlich an. »Wir haben viel Lust weiterzumachen«, erzählt Asis begeistert.

Ende September ist ESTAbien beim Festival »Culture Beats« zu erleben. Der Eintritt am 29. September von 18 bis 23 Uhr im Jugendfreizeitzentrum Alte Brauerei in der Fehrbelliner Straße 135 in Neuruppin ist frei, ebenso am 30. September wieder von 18 bis 23 Uhr im Ballsaal »Zur Eiche«, Gröperstraße 33 in Wittstock/Dosse.

Download der CD unter kma-ev.de

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