»Die AfD wird sich zerlegen«

Güllner: Partei ist keine Katastrophe für die Demokratie / Pistorius bringt Überwachung durch Verfassungsschutz ins Spiel

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Manfred Güllner, Leiter des Meinungsforschungsinstitutes Forsa, rechnet nach dem Einzug der Rechtsaußenpartei AfD in den Bundestag mit einem baldigen Zerfall der Fraktion. »Die AfD wird sich zerlegen, weil das bei sektiererischen Gruppen vom rechten Rand bisher immer so war«, sagte Güllner in einem Interview mit der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (NOZ).

Man sehe an den AfD-Abgeordneten in den Landtagen, dass sie nicht an ordentlicher Parlamentsarbeit interessiert seien, sondern eher Streit und Richtungskämpfe an der Tagesordnung seien. Auch die NPD sei schon in den 1960er-Jahren in sieben der damaligen zehn Landtage vertreten gewesen, dann aber wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Der Meinungsforscher sieht keine Gefahr für die Demokratie, wenn die AfD erstmals im Bundestag vertreten sein wird: »Es ist unerfreulich, aber keine Katastrophe, weil die Deutschen insgesamt als Demokraten gefestigt sind.« Güllner qualifizierte die AfD als »im Kern durch und durch rechtsradikal, von ihrem Programm über ihre Kandidaten bis hin zu den Wählern.«

Pistorius: AfD überwachen lassen?

Angesichts einer zunehmenden Radikalisierung der AfD bringt Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius indes die Überwachung der Rechtsaußenpartei durch den Verfassungsschutz ins Spiel. Der Innenexperte des Teams von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz erklärte, man dürfe »vor einer zukünftigen Beobachtung der AfD zumindest in Teilen oder einzelner Landesverbände oder Jugendorganisationen nicht die Augen verschließen. Je nach weiterer Entwicklung wäre die Partei ein Thema für den Verfassungsschutz«, so Pistorius gegenüber der NOZ.

Konkret bezog sich Pistorius unter anderem auf Äußerungen wie von der »Entsorgung« der in Hamburg geborenen Bundesministerin Aydan Özoguz nach Anatolien oder die Bezeichnung des Berliner Holocaustmahnmals als Denkmal der Schande. Auch darüber hinaus äußerten sich Mitglieder und Kandidaten der AfD »immer wieder bewusst menschenverachtend, islamfeindlich, rassistisch und auch antisemitisch, ohne dass die Parteiführung hieraus personelle Konsequenzen gezogen hätte«, sagte der Sozialdemokrat.

Damit würden sich Teile der AfD »zunehmend in die Nähe des Rechtsextremismus begeben und sich regelmäßig rechtsextremistischer Argumentationsmuster bedienen«. Der Verfassungsschutz sehe zudem eine besondere Nähe und wachsende Berührungspunkte zu der als verfassungsfeindlich eingestuften Identitären Bewegung, erklärte Pistorius.

Zentralrat: AfD könnte auch gegen Juden Stimmung machen

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, befürchtet indes , dass sich die AfD in Zukunft auch gegen Menschen jüdischen Glaubens wenden könnte. »Es ist eine Partei, die gegen Minderheiten Stimmung macht«, sagte er dem Berliner »Tagesspiegel«. Im Moment richte sich das vorwiegend gegen Muslime. Aber es könnte auch andere Minderheiten treffen. »Dazu zähle ich auch Juden«, sagte Schuster. Zu Umfragen, wonach die AfD bei der Bundestagswahl am Sonntag auf mehr als zehn Prozent kommen könnte, sagte Schuster: »Ich hätte mir vor vier, fünf Jahren nicht vorstellen können, dass einer rechtspopulistischen Partei in Deutschland ein zweistelliges Ergebnis vorausgesagt wird.« Agenturen/nd

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