»Soja ist eine sinnvolle Pflanze«

Volker Hahn, Experte für Sonnenblumen und Hülsenfrüchte der Landessaatzuchtanstalt an der Universität Hohenheim, über das »1000 Gärten«-Experiment

  • Lesedauer: 3 Min.

Sie haben im Jahr 2016 das Experiment »1000 Gärten« zum Sojaanbau in Deutschland durchgeführt. Was war der Hintergrund des Experiments?

Wir wollen, dass Soja bei uns heimisch wird. Dafür brauchen wir neue, besser an die jeweilige Umgebung angepasste Sorten der wärmeliebenden Pflanze. Soja aus Deutschland bedeutet eine nachhaltige Versorgung mit pflanzlichem Eiweiß, kurze Transportwege, Unterstützung der heimischen Landwirtschaft sowie eine nachvollziehbare und gesicherte Herkunft.

Über 90 Prozent der global angebauten Sojabohnen werden zu Sojaöl und Futtermitteln weiterverarbeitet. Um riesige Mengen zu erzeugen, wird Soja in Monokultur und unter Einsatz giftiger Pflanzenschutzmittel kultiviert, die nicht nur den Boden, sondern auch die Gesundheit von uns Menschen gefährden. Dabei wäre es ökologisch und ernährungsphysiologisch viel sinnvoller, Pflanzen wie Soja direkt zu verzehren - zum Beispiel in Form von Tofu oder Sojadrinks -, als über den »tierischen« Umweg. Das ist nicht nur ressourcenschonend und schützt unser Klima. Es trägt (indirekt) auch zum Tierwohl bei.

Was zeichnet die Pflanze besonders aus?

Soja ist eine sinnvolle Pflanze für einen nachhaltig bewirtschafteten Acker, denn sie trägt zu einem lebendigen und fruchtbaren Boden bei: Wie Klee und Erbsen bindet sie Stickstoff im Boden. Wenn sie in der Fruchtfolge eingesetzt wird, bereitet die Sojapflanze den Boden optimal für nährstoffhungrige Pflanzen auf.

Produkte aus pflanzlichem Eiweiß gewinnen immer mehr an Bedeutung und gehören heute zu einer modernen und vollwertigen Ernährungsweise schlichtweg dazu. Soja enthält essenzielle Aminosäuren und eine für den Menschen günstige Fettsäurezusammensetzung mit einem hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren.

Warum haben Sie das Experiment mit Kleingärtnern, Schulen und Initiativen durchgeführt und nicht etwa auf einem universitären Versuchsgelände?

Wir haben festgestellt, dass Sojasorten in unterschiedlichen Umwelten verschieden reagieren. Gleichzeitig hat der Sojahersteller Taifun immer wieder Anfragen von Kunden gehabt, ob es nicht möglich ist, mal Sojabohnen zu erhalten, um diese auszusäen, nur um zu wissen, wie diese Pflanze eigentlich aussieht. Taifun hat daher gefragt, ob wir nicht Saatgut an interessierte Gärtner und Gärtnerinnen abgeben könnten. So entstand die Idee, Saatgut von neuen Stämmen abzugeben und dafür Daten über die neuen Stämme zurückzuerhalten. Das Citizen-Science-Projekt war geboren.

Können wir damit rechnen, dass Tofu und Sojamilch demnächst aus heimischer Produktion im Bioladen erhältlich sind?

Die gibt es schon, ein Teil der Sojaprodukte sind aus heimischer Erzeugung, Sojamilch gibt es beispielsweise vom Hofgut Storzeln am Bodensee. Und dieser Anteil wird zunehmen, da sich die Sojabohne in den Norden ausbreiten wird. So wird es weiteren Produzenten möglich sein, heimische Sojabohnen zu verarbeiten.

Es wird auch daran gearbeitet, noch weitere Erzeugnisse aus Soja in Deutschland zu etablieren wie beispielsweise Natto, Miso, Tempeh oder auch gequollene und dann geröstete Sojabohnen.

Wird Soja dann in naher Zukunft in unseren Kleingärten so verbreitet sein wie Tomaten und Chinakohl?

So stark nicht, aber wenn es sich mal herumgesprochen hat, wie gut Gemüsesoja, also Edamame schmeckt, wird sicher der eine oder die andere Soja im Garten anbauen. Dann aber wieder andere Sorten als die, die wir im »1000 Gärten«-Projekt untersucht haben.

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