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Forschung außerhalb des Elfenbeinturms

Ergebnisse aus dem »1000 Gärten«-Projekt: Ostdeutschland eignet sich als Soja-Anbaugebiet

  • Lesedauer: 3 Min.

Forschung muss nicht immer in sterilen Laboren oder auf universitären Versuchgütern stattfinden. Das zeigt das Sojaexperiment »1000 Gärten«, das ein Freiburger Bio-Tofu-Hersteller gemeinsam mit der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim Anfang 2016 gestartet hatte. Schulklassen, Urban-Gardening-Projekte, Kleingärtner oder auch Biolandwirte wurden eingeladen, sich aktiv an der Entwicklung neuer Sojasorten zu beteiligen. Ziel war es, aus 1700 verschiedenen Kreuzungen genau die Sojasorten herauszufinden, die mit einer relativ kurzen Wachstumsperiode bis zur Ernte hierzulande gut gedeihen und zugleich über einen hohen Eiweißanteil verfügen, sodass sie sich zur Tofuproduktion eignen. Dementsprechend sollten die verschiedenen Kreuzungen unter unterschiedlichen regionalen Bedingungen geprüft werden - gentechnikfrei und ohne jeden Einsatz von Pestiziden.

Mit der überwältigenden Resonanz hatten die Initiatoren nicht gerechnet: Von Flensburg bis München und von Aachen bis Cottbus meldeten sich mehr als 2400 statt der anvisierten 1000 Teilnehmer. Sie alle erhielten pünktlich zur Saatphase von Mitte April bis Mitte Mai jeweils zwölf unterschiedliche Saaten - zehn neue Kreuzungen und zwei Standardsaaten zum Vergleich, die sie auf sechs bis zwölf Quadratmetern in Reihen mit 50 Zentimeter Abstand ausbrachten. Unterstützung beim experimentellen Gärtnern boten ein Internetforum sowie genaue Anleitungen der Experten, was wann und wie im Sojabeet zu tun war. Schließlich war weit mehr verlangt als nur Säen und Ernten: Da man bei der Studie an der Erhebung möglichst genauer Daten interessiert war, mussten insgesamt 16 Kriterien während der Vegetationsperiode ermittelt werden, so etwa der Grünton der Blätter, die Wuchshöhe, die Blütenfarbe oder die Anzahl der Schoten.

Am Ende ging dann neben dem Datenmaterial auch ein Teil der Ernte zu den Wissenschaftlern nach Hohenheim. Insgesamt wertete man dort im Winter 2016/2017 Proben aus rund der Hälfte der beteiligten Gärten aus. Der Rest der Gärtner konnte keine Bohnen abliefern, weil die Ernte verhagelt war, Schnecken ganze Arbeit geleistet hatten oder die Beete im Regen versunken waren.

Die enorme Menge an erhobenen Daten wie auch die insgesamt 14 859 Proben lieferten erfreuliche Ergebnisse: »Bisher können wir sagen, dass es einige Kreuzungen gibt, die in ostdeutschen Gebieten rund um Berlin, Magdeburg und Leipzig gut gedeihen. In Zukunft werden wir Sojaanbau also dorthin ausweiten können, Sojaanbau wird sich nicht mehr nur auf den milden Süden beschränken. Außerdem konnten einige Kreuzungen in ersten Tests in unserer Labortofurei durch ihre Tofuqualität überzeugen«, fasst Lina Cuypers, Pressesprecherin des Tofu-Herstellers Taifun, den aktuellen Stand der Studie im Sommer 2017 zusammen.

Doch ehe in den neuen Anbaugebieten Soja geerntet werden kann und die Linien mit einem Eiweißanteil von mehr als 50 Prozent zu Tofu verarbeitet werden können, dauert es noch ein wenig. Die Uni Hohenheim führt mit den erfolgreichsten Kreuzungen zwei weitere Anbauversuche im laufenden und im folgenden Jahr durch. Schneiden diese dabei wieder genauso gut ab, werden sie an Züchter weitergegeben, und nach weiteren Prüfungen könnten so in wenigen Jahren dann Tofus oder Sojawürstchen aus dem »1000 Gärten«-Experiment auf unseren Tellern landen. Garantiert regional, gentechnikfrei und bio.

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