Anschlussflug verpasst wegen ungünstiger Parkposition

Fluggastrechte

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  • Lesedauer: 3 Min.

Die Frau trat 16 Minuten vor dem Ende des Einsteigevorgangs ein, doch musste sie noch durch die Passkontrolle und durch eine weitere Sicherheitskontrolle. Beim Gate für ihren Anschlussflug kam sie erst an, als das Boarding bereits beendet war.

Die Fluggesellschaft buchte sie daraufhin auf einen anderen Flug um. Mit über drei Stunden Verspätung landete die Frau schließlich in Los Angeles. Sie forderte von der Airline deshalb eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro.

Das Amtsgericht Hannover (Urteil vom 14. März 2017, Az. 523 C 12833/16) gab ihr Recht. Nach der EU-Fluggastrechteverordnung stehe Passagieren eine Entschädigung zu, wenn sie ihr Ziel mit einer Verspätung von mehr als drei Stunden erreichten und die Fluggesellschaft dafür verantwortlich sei. Denn bei einer aus Zubringer- und Anschlussflug zusammengesetzten Flugreise komme es auf die vom Flughafen garantierte Mindestzeit an, in der ein Umstieg möglich ist: die Minimum Connecting Time. Das Flugunternehmen treffe nur dann keine Verantwortung, wenn erstens der Zubringerflug planmäßig lande (was zutraf) und wenn zweitens dem Fluggast die Mindest-Umstiegszeit zur Verfügung stehe. Letzteres sei hier nicht der Fall gewesen.

Der Frankfurter Flughafen gebe als »Minimum Connecting Time« 45 Minuten an. Die Frau sei aber erst 16 Minuten vor dem Ende des Boardings am Terminal angekommen. Dass die Passagierin den Anschlussflug durch eigenes Verschulden verpasste - weil sie trödelte, sich trotz ausreichender Informationen verlief -, könne man daher ausschließen. Innerhalb von 16 Minuten sei es so gut wie unmöglich, alle Kontrollen zu durchlaufen und das Gate für einen Anschlussflug rechtzeitig zu erreichen.

Zu spät zum Gate: Rollstuhlservice nur im Schneckentempo

Frau X. wollte mit ihren Eltern über Frankfurt am Main nach Kanada fliegen. Doch in Frankfurt verpassten die Passagiere den Anschlussflug nach Vancouver. Das alte Eltern-Ehepaar benötigte am Flughafen nämlich einen Rollstuhlservice, und der brauchte so lange, dass die Familie das Abfluggate erst erreichte, als die Maschine schon abgefertigt war. Die Fluggesellschaft leistete keine Ausgleichszahlung. Es kam zu einem Rechtsstreit.

Die Fluggesellschaft spendierte den frustrierten Reisenden eine Übernachtung plus Essensgutscheine und transportierte sie am nächsten Tag über London nach Vancouver. Da die Passagiere jedoch mit einer Verspätung von etwa 22 Stunden in Vancouver ankamen, verlangte Frau X. von der Airline zusätzlich Entschädigung.

Das Amtsgericht und Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 22. Dezember 2016, Az. 2-24 S 110/16) verneinte einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung.

Die Airline habe den von der Familie gebuchten Flug weder annulliert noch sei er verspätet in Vancouver angekommen, so das Landgericht. Die Familie habe den pünktlichen Flug einfach verpasst. Für den langsamen Rollstuhlservice sei der Flughafenbetreiber verantwortlich und nicht die Fluggesellschaft.

Die Airline schulde den Passagieren auch keinen finanziellen Ausgleich für die »Nichtbeförderung«. Der stehe Fluggästen laut EU-Fluggastrechteverordnung nur zu, wenn sie rechtzeitig am Gate ankämen und trotzdem nicht mitfliegen dürften. Dass die Familie X. ihr Zuspätkommen nicht selbst verschuldet habe, ändere daran nichts. Ob sie pünktlich das Gate erreichten, sei allein Sache der Fluggäste: Sie müssten selbstständig zum vorgegebenen Zeitpunkt dort erscheinen, so das Gericht. OnlineUrteile.de

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