Rechtsradikale prügeln gegen Linke auf Buchmesse

Frankfurter Politiker Nico Wehnemann bei Protesten gegen »Identitäre« verletzt / Antifa stört Lesungen rechtsradikaler Verlage und Zeitungen

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Frankfurt am Main. Auf der Frankfurter Buchmesse haben Rechtsradikale linke Demonstranten angegriffen, die gegen die Auftritte rechter Verlage protestierten. Der Frankfurter Stadtverordnete der Satire-Partei »Die Partei« Nico Wehnemann wurde bei Protesten gegen die »Identitären« von einem Sicherheitsdienst der Frankfurter Buchmesse am Samstag verletzt. Am Freitag schlug ein Zuhörer der Lesung der rechtsradikalen Wochenzeitung »Junge Freiheit« auf den linken Verleger Achim Bergmann ein.

Um die Verletzung des PARTEI-Politikers Wehnemann hatte es zuvor Verwirrung gegeben. Der Kolumnist Leo Fischer hatte auf Facebook berichtet, Wehnemann sei bei den Protesten »zusammengeschlagen« worden. Die »Identitären« hätten dabei »Sieg Heil« gerufen. Wehnemann selber twitterte ein Foto, auf dem zu sehen ist, wie ein Mann ihn zu Boden drückt. »Ein Nazi sitzt auf mir drauf. Privater Sicherheitsdienst streckt mich nieder«, schrieb er dazu. Der Fotograf widersprach: Es habe sich nicht um einen Nazi gehandelt, sondern seiner Meinung nach um einen Polizisten in Zivil. Nun stellte die Polizei Frankfurt klar: Es handelt sich um einen Angestellten des Sicherheitsdienstes der Frankfurter Messe, der Wehnemann auf den Boden drückt.

Zuvor war auch ein Verleger des linken Trikont-Musikverlags von einem Zuhörer der rechtsradikalen Wochenzeitung »Junge Freiheit« geschlagen worden. Trikont-Chef Achim Bergmann hatte demnach zuvor im Vorbeigehen die Lesung mit einem Kommentar begleitet. Der Verleger ließ sich im Krankenhaus behandeln und erstattete Strafanzeige.

Auf der Frankfurter Buchmesse störten in den vergangenen Tagen mehrmals linke Aktivisten die Auftritte Rechtsradikaler. So wollte der rechte Antaios Verlag ein Buch mit dem Titel »Mit Linken leben« präsentieren. Gegen die rechtsradikale Veranstaltung mit dem völkischen Nationalisten und AfD-Politiker Björn Höcke demonstrierten linke Messebesucher. Etwa 80 Personen hielten dem Verlag auf einem Plakat entgegen: »Ihr könnt nicht schreiben, ihr könnt nur hetzen«. Sie riefen »Nazis raus«. Die Anhänger Höckes antworteten mit dem Slogan »Jeder hasst die Antifa« und griffen die Demonstranten an. Plakate wurden zerrissen. Die Polizei griff erst spät ein.

Die Journalistin und Autorin Kathrin Weßling schrieb auf Facebook von »Gewalt von rechts gegen völlig friedliche Demonstranten«. Sie selbst sei von Rechten »aus dem Nichts« beschimpft und beleidigt worden: »sie liefen hinter mir her, beobachteten, was ich schrieb, waren extrem aggressiv.« Gegendemonstranten seien von dem rechten Schriftsteller Akif Pirinççi als psychisch krank bezeichnet worden. »Was ich heute erlebt und gesehen habe, hat mich sehr traurig und wütend gemacht. Rechte werden von der Polizei geschützt, Demonstranten mundtot gemacht, eingeschüchtert, bedroht.«

Buchmesse positioniert sich nicht gegen rechtsradikale Verlage

Repräsentanten der Buchmesse, die die Auftritte der Rechtsradikalen zugelassen hatten, erklärten sich anschließend zu den Geschehnissen. Sie verurteilten »jede Form von Gewalt« – und kritisierten damit auch die linken Proteste: »Sie verhindert den Austausch von politischen Positionen. Wir werden sie als Mittel der Auseinandersetzung nicht zulassen.« Buchmessendirektor Juergen Boos sprach mit Antaios-Verleger Götz Kubitschek. Boos hatte die Präsenz der rechtsgerichteten Verlage zuvor mit einem Plädoyer für Meinungsfreiheit verteidigt.

In den sozialen Medien sorgte das Verhalten der Veranstalter für Empörung. Die linke Publizistin Jutta Ditfurth schrieb: »’Meinungsfreiheit’? Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.« Andere warnten davor, Neonazis Raum zu geben. Die hessische LINKE-Politikerin Janine Wissler schrieb auf Facebook: »Es ist eben eine gefährliche Fehleinschätzung, zu glauben, man könne sich mit Verlagen der neuen Rechten, den Identitären und anderen Rechtsradikalen ‘auseinandersetzen’«.

Die Messeplanung hatte den rechtsradikalen Antaios-Verlag in Halle 3.1 in der Nähe der antirassistischen Amadeu-Antonio-Stiftung platziert. Diese lehnte nach eigenen Angaben die Aufforderung zur Diskussion mit Vertretern des Antaios-Verlags ab: »Eine Diskussion ‘auf Augenhöhe’ mit den Neuen Rechten würde bedeuten, dass wir unsere demokratischen Überzeugungen zur Debatte stellen.« Die Stiftung wolle nicht die Menschenrechte oder die offene Gesellschaft und ihre Errungenschaften zur Disposition stellen.

Die Nachrichtenagenturen fassen die Vorkommnisse als »Tumulte«, »Wortgefechte« und »Rangeleien« zusammen. ek/Agenturen

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