Starkes Übergewicht: Der Chef muss Vertrag nicht verlängern

Urteile im Überblick

  • Lesedauer: 3 Min.

Darauf macht der deutsche Anwaltverein (DAV) aufmerksam und informiert über eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (Az. 10 Sa 216/16).

Im verhandelten Fall ging es um einen Kraftfahrer in einem auf zwei Jahre befristeten Arbeitsverhältnis. Bei seiner Einstellung hatte er einen Body-Mass-Index von 41,67, das entspricht einer Adipositas des dritten und damit höchsten Grades. Außer einem erhöhten Belastungsblutdruck gab es aber keine Auffälligkeiten.

Nach eineinhalb Jahren wurde ein Body-Mass-Index von 44,5 festgestellt. Für seine Tätigkeit ergaben sich daraus aber keine Einschränkungen. Dennoch wurde sein Arbeitsverhältnis beendet. Begründet wurde dies damit, dass mittelfristig mit einer Gesundheitsgefährdung zu rechnen sei. Der Mann klagte beim Landesarbeitsgericht gegen die Entscheidung erfolglos.

Teilzeit selbst gestalten: ein Sommermonat frei

Wer seine Vollzeitstelle reduzieren möchte, kann dies unter Umständen auch so gestalten, dass er im Sommer einen Monat frei nimmt. Kann der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass dies organisatorisch unmöglich ist, hat ein Mitarbeiter Anspruch darauf.

So entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Az. 5 Sa 1745/16) und billigte einem Piloten einen freien Sommermonat zu. Auf die Entscheidung weist der Deutsche Anwaltverein (DAV) hin.

Geklagt hatte ein 48-jähriger Pilot. Er war seit elf Jahren als Flugzeugführer beschäftigt und hatte drei Kinder, seine Frau arbeitete als Lehrerin. Der Mann wollte künftig nur noch in Teilzeit arbeiten, und zwar durch eine Freistellung für einen Monat ab dem 10. Juli jedes Kalenderjahres. Die Reduzierung der Arbeitszeit sei bei Piloten nur durch ganze freie Tage möglich, argumentierte er. Diese könnten auch im Block genommen werden, was das Luftfahrtunternehmen ablehnte. Das Arbeitsgericht lehnte die Klage ab, doch beim Landesarbeitsgericht hatte der Mann Erfolg. Die Teilzeitregelungen seien vor allem dazu da, Familie und Beruf zu vereinbaren, so das Landesarbeitsgericht.

Kündigung nach Datenweitergabe

Für die Mitarbeiter einer Arztpraxis gelten strenge Verschwiegenheitspflichten. Einer Arzthelferin darf deshalb gekündigt werden, wenn sie Patientendaten an Dritte weiterleitet. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es dann nicht.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) informiert über eine dementsprechende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (Az. 12 Sa 22/16).

In dem verhandelten Fall ging es um eine Arzthelferin in einer radiologischen Praxis. In ihrem Arbeitsvertrag war ausdrücklich eine Verschwiegenheitsklausel enthalten. Als eine Patientin einen Termin absagte, rief sie deren Datenblatt auf, fotografierte es mit dem Handy und leitete es weiter an die Tochter der Patientin. Das ist unstatthaft. Die Kündigung ist wegen dieser Verletzung der Verschwiegenheit rechtens.

Bei falschen Angaben ist Kündigung unwirksam

Bei einer Kündigung müssen Unternehmen Personal- oder Betriebsräte einbeziehen. Macht der Arbeitgeber dabei gegenüber dem Personalrat bewusst falsche Angaben, ist die Kündigung unwirksam.

Auf diese Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern (Az. 1 Ca 685/16) macht der Deutsche Anwaltverein (DAV) aufmerksam. Der Arbeitgeber kündigte in dem verhandelten Fall krankheitsbedingt einer Mitarbeiterin. Gegenüber dem Personalrat gab er an, dass die Mitarbeiterin verheiratet sei. Weiter fügte er an: »Unterhaltsverpflichtungen bestehen unseres Wissens nicht.« Dies war jedoch falsch.

Die krankheitsbedingte Kündigung war damit unzulässig, entschied das Arbeitsgericht. Bei der Kündigungsanhörung habe der Arbeitgeber gegenüber dem Personalrat objektiv falsche Angaben gemacht. Dies führe dazu, dass die Anhörung unwirksam war - und damit auch die Kündigung, so das Arbeitsgericht.

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