Die Umsteigerin

Personalie

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.

Dass sich die hessische SPD-Landtagsabgeordnete Andrea Ypsilanti Ende 2018 nicht mehr um ein Landtagsmandat bewerben will, kommt für Beobachter im Sechs-Millionen-Land zwischen Werra, Rhein und Neckar wenig überraschend. Seit jener innerparteilichen Intrige 2008, mit der ihre Wahl zur hessischen Ministerpräsidentin in letzter Sekunde jäh abgebremst wurde, hat sich die einstige Hoffnungsträgerin einer erneuerten Nach-Schröder-SPD im Landtagsplenum still und leise in die dritte Reihe zurückgezogen.

Als fleißige Vorsitzende des Petitionsausschusses wirkt sie eher abseits der Kameras und Mikrofone. Im abgehobenen parlamentarischen Milieu scheint sie sich längst nicht mehr wohl zu fühlen. In ihrem einzigen Redebeitrag im Plenum begrüßte sie 2014 die Frankfurter Blockupy-Proteste und stimmte kritische Töne über die herrschende Wirtschafts- und Finanzpolitik an.

Doch die gelernte Lufthansa-Flugbegleiterin und Soziologin will ihren Verzicht auf eine weitere Kandidatur ausdrücklich nicht als Rückzug ins Private verstanden wissen. »Man muss kein Mandat haben, um sich politisch einzumischen«, so ihre Überzeugung. Mit 60 Jahren und nach bald zwei Jahrzehnten im Landtag sei der Zeitpunkt gekommen, um etwas Neues zu tun.

So dürfte es für die frühere SPD-Landesvorsitzende eher ein Umstieg hin zu mehr außerparlamentarischem und innerparteilichem Basisengagement werden. Eine Zäsur in ihrer Karriere erlitt sie in jenen trüben Novembertagen 2008, als eine rechtssozialdemokratische »Viererbande« in der eigenen Fraktion ihren Einzug in die Staatskanzlei sabotierte und auch die Bundespartei auf Distanz ging. Seither hat Ypsilanti die überparteiliche rot-rot-grüne Programmwerkstatt »Institut Solidarische Moderne« (ISM) gegründet, die auf Alternativen zum Neoliberalismus setzt.

Dass ihre Partei jüngst im Bund ein historisches Tief einfuhr und der ersehnte rot-rot-grüne Aufbruch nicht in Sicht ist, dürfte für sie eine Herausforderung und Ansporn im Einsatz für einen Kurswechsel in ihrer Partei bilden.

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.