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»Politische Streiks« für eine bessere Pflege
Pflegekritiker Alexander Jorde fordert mehr Druck für Druck für bessere Arbeitsbedingungen: »Tretet endlich in Gewerkschaften und Kammern ein und lasst uns gemeinsam dieses Land wachrütteln«
Hildesheim. Alexander Jorde, der es im Bundestagswahlkampf zu einem der profiliertesten Pflegekritiker gebracht hat, fordert zu politischen Streiks an Krankenhäusern auf. Damit solle Druck für bessere Arbeitsbedingungen gemacht werden, schrieb er in einem Gastbeitrag für epd sozial, einer Fachpublikation des Evangelischen Pressedienstes (epd). »Tretet endlich in Gewerkschaften und Kammern ein und lasst uns gemeinsam dieses Land wachrütteln«, rief der 21-jährige Pflegeschüler aus Hildesheim seine Kollegen auf. Er beklagte eine fehlende Lobby für die Pflege.
Um den Pflegenotstand zu beseitigen, seien ein starker Berufsverband und eine starke gewerkschaftliche Vertretung erforderlich, betonte Jorde, der im September in der ARD-Sendung »Wahlarena« mit kritischen Fragen an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für Aufsehen gesorgt hatte. »Da müssen wir uns selbst mal in den Allerwertesten treten, jammern hilft nicht«, appelliert er an die Pflegekräfte in Deutschland. Der Nachwuchspfleger erhofft sich von »politischen Streiks an allen Krankenhäusern« Wirkung: »Wie schnell da auf einmal Mittel für die Pflege bereitstehen würden!«
Der »katastrophale Pflegenotstand« lasse sich mit Zahlen belegen: Im Schnitt versorge eine Pflegefachkraft in deutschen Krankenhäusern 13 Patienten. In einer Nachtschicht versorgten zwei Drittel der Pflegefachkräfte eine ganze Station alleine und betreuen dabei durchschnittlich 26 Patienten. Noch dramatischer sei die Situation in Altenheimen. Dort seien es nach offiziellen Zahlen im Schnitt pro Nacht 52 Patienten, die von einer Fachkraft betreut werden. »Diese Zustände ermöglichen keine menschenwürdige Versorgung«, erklärte Jorde.
Die Personalnot ist für den Auszubildenden »einer der gravierendsten Mängel«. Es würden dringend verbindliche Patienten-Pflegefachkraft-Schlüssel in allen Bereichen des Krankenhauses benötigt, so Jorde. Andernfalls werde »der Tod vieler Pflegebedürftiger billigend in Kauf genommen: durch unterlassene Hilfen, Verletzung der Aufsichtspflicht und vieles mehr«.
Um eine bessere Personalausstattung auch bezahlen zu können, fordert Jorde eine »Komplettüberholung« der Finanzierung der Pflege sowie des gesamten Gesundheitssystems. »Es gibt weit über 100 gesetzliche Krankenversicherungen. Allein der Verwaltungsapparat verschlingt Millionen.« Jorde sieht die Lösung in einer Bürgerversicherung, in die alle einzahlen.
Außerdem stört sich Jorde an privaten Krankenhäusträgern. Denn hier würden die Gewinne zu einem großen Teil nicht reinvestiert, sondern an private Aktionäre ausgeschüttet. »Das heißt: Geld, das eigentlich für die Versorgung Kranker und Pflegebedürftiger gedacht ist, landet in privaten Taschen.« epd/nd
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