Zeitzeuge

  • Lesedauer: 2 Min.

Vor mehr als zehn Jahren wurden erstmals die Schicksale westdeutscher Heimkinder publik. In der alten Bundesrepublik gab es rund 3000 Heime mit mehr als 200 000 Plätzen, vier von fünf Heimen waren kirchlich, zumeist von katholischen Frauen- und Männerorden betrieben. In der DDR gab es 600 Heime für Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Kategorien. Sie sind immer wieder Gegenstand von reißerisch aufgemachten Titelgeschichten in den Medien. Ausgerechnet »Der Spiegel« erhob sich selbst zum Anwalt der »Opfer zweiter Klasse«, ehemaliger ostdeutscher Heimkinder, die »sexuellen Missbrauch, Isolationsfolter, vollkommene Rechtlosigkeit«, »die Hölle auf Erden« erlitten hätten.

Um zu einer Versachlichung der stetig wiederkehrenden, emotionsgeladenen Debatte beizutragen, befragte Frank Schumann für »neues deutschland« einen Zeitzeugen, der für die Heimerziehung in der DDR mit verantwortlich war: Professor Eberhard Mannschatz.

Der Wissenschaftler, der am gestrigen Sonntag seinen 90. Geburtstag beging, war in seiner Heimatstadt Dresden Leiter des Jugendamtes, bevor er nach Studium an der Deutschen Verwaltungsakademie in Forst Zinna 1950 nach Berlin kam, wo er zum Abteilungsleiter für Jugendhilfe im Volksbildungsministerium avancierte und schließlich den in der DDR einzigen Lehrstuhl für Sozialpädagogik innehatte. Mannschatz, von dem demnächst ein Buch über sein Vorbild Makarenko erscheint, hatte sich gegen die Einrichtung des Geschlossenen Jugendwerkhofs Torgau eingesetzt, der dank seines Widerspruchs die einzige derartige Jugendanstalt in der DDR blieb.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -