Werbung

Simbabwes Militär greift in Machtkampf ein

Auseinandersetzung um die Nachfolge von Langzeitpräsident Robert Mugabe eskaliert

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 3 Min.

Simbabwes Shopping-Queen hat sich verrechnet: Grace Mugabe, die 52-jährige Ehefrau des Langzeitherrschers Robert Mugabe hatte einst erklärt, als »Ehefrau des Präsidenten« sei sie »schon Präsidentin«. In ihrer privilegierten Situation, die ihr auch Einkaufstouren in Europas Konsumtempeln sicherte, forderte sie ihren Gatten öffentlich dazu auf, ihren Kontrahenten Emmerson Mnangagwa als Vizepräsidenten zu entlassen. Mnangagwa hatte einst mit Mugabe im antikolonialen Befreiungskampf gegen das weiße Minderheitsregime im damaligen britischen Rhodesien gekämpft, aus dem dann 1980 Simbabwe als neuer Staat entstand.

Mit der Entlassung Mnangagwas vor einer Woche nahm der seit Jahren währende Machtkampf um die Nachfolge Mugabes an Fahrt auf. Mnangagwa floh nach Südafrika, Grace Mugabe schien vor dem Parteitag der Regierungspartei ZANU-PF im kommenden Monat fast am Ziel. Bis Militärchef Chiwenga zugunsten seines alten Verbündeten Mnangagwa eingriff.

Am Mittwochmorgen waren der Amtssitz des Präsidenten in Harare und das Parlament von Soldaten abgeriegelt, sie kontrollierten auch wichtige Verkehrsadern. Bereits seit Dienstag gab es eine verstärkte Militärpräsenz in der Hauptstadt. Soldaten nahmen Augenzeugen zufolge Finanzminister Ignatius Chombo fest. Er gilt als prominenter Unterstützer von Grace Mugabe. Zunächst unbestätigten Berichten zufolge sollen auch weitere Minister festgenommen worden sein.

Mugabe selbst wurde vom Militär unter Hausarrest gestellt, wie Südafrikas Präsident Jacob Zuma nach einem Telefonat mit ihm erklärte. Der Präsident sei wohlauf. Südafrika appellierte an alle Beteiligten, sich für eine friedliche Beilegung der Krise einzusetzen. Zur Vermittlung schicke Südafrika unter anderem Verteidigungsministerin Nosiviwe Mapisa-Nqakula nach Simbabwe.

In Simbabwe wendeten sich langjährige Unterstützer bereits vom Präsidenten ab. Die einflussreiche Vereinigung der Kriegsveteranen etwa forderte Mugabes Rücktritt von Partei- und Staatsführung. Es solle zudem eine Untersuchung der Straftaten geben, die der Staatschef während seiner Amtszeit begangen habe, forderte Generalsekretär Victor Matemadanda bei einer Pressekonferenz in Harare. Matemadanda ist ein Verbündeter des kürzlich geschassten Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa.

Im Zentrum von Harare war am Mittwoch eine starke Militärpräsenz sichtbar, es blieb jedoch zunächst friedlich. In der Nacht hatte es Augenzeugen zufolge mindestens drei laute Explosionen gegeben, auch Schüsse wurden gehört. Die Streitkräfte forderten alle Sicherheitskräfte auf, im Interesse des Landes mit den Soldaten zu kooperieren. Die Botschaften der USA und Großbritanniens ermahnten ihre Staatsbürger in Simbabwe wegen der unklaren Situation zu großer Vorsicht und forderten sie auf, zu Hause zu bleiben. Die Botschaften der USA und der Niederlande sollten am Mittwoch geschlossen bleiben.

Armeechef Chiwenga hatte der Regierung bereits am Montag öffentlich gedroht, die Armee sei angesichts der Krise im Land bereit »einzuschreiten«. Die Regierungspartei ZANU-PF sprach daraufhin am Dienstag von Verrat und Anstachelung zur gewaltsamen Auflehnung gegen die verfassungsrechtliche Ordnung. Mugabe wird beim Gehen inzwischen häufig gestützt, bei öffentlichen Auftritten wurde er zuletzt immer wieder schlafend fotografiert. Er hatte jedoch angekündigt, sich 2018 um eine weitere Amtszeit zu bewerben.

Simbabwe mit seinen etwa 15 Millionen Einwohnern gehört einem UN-Index zufolge zu den ärmsten Staaten der Welt. Mugabe hat die frühere Kornkammer des südlichen Afrikas heruntergewirtschaftet. Das Land hat sich bislang noch nicht von einer schweren Wirtschaftskrise erholt, in Folge derer es 2008 zu einer galoppierenden Hyperinflation und zum Zerfall der Landeswährung kam. Mit Agenturen Seite 7

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal