Die Hoffnung kommt aus Pankow

Im Stadlerwerk läuft die Montage neuer S-Bahnzüge an, die ersten werden 2021 fahren

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie überdimensionierte Schachteln sehen die drei Wagenkästen aus, die in der Halle des Schienenfahrzeugherstellers Stadler Pankow stehen. Die S-Bahn Berlin, das Herstellerkonsortium von Siemens und Stadler, der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg und Vertreter beider Länder feiern an diesem Montag den Beginn der Montage der neuen Züge der Baureihe 483/484. S-Bahn-Chef Peter Buchner lädt schon jetzt zur ersten regulären Fahrgastfahrt am 1. Januar 2021 ein. »Um 4 Uhr früh am Südkreuz auf der S47 nach Spindlersfeld. Ich freue mich über jeden, der mitfahren will«, sagt Buchner fast euphorisch. Bis 2023 sollen 85 Vier-Wagen-Züge und 21 Zwei-Wagen-Einheiten den Verkehr auch auf den Ringbahnlinien S41, S42, S45 und S46 sowie der S8 übernehmen.

»Wir setzen auf bewährte Komponenten, die bewiesenermaßen zuverlässig sind«, sagt Sabrina Soussan, Chefin der Siemens-Mobilitätssparte. Zum Beispiel Teile, die sich auch bei Eis und Schnee bei den Zügen der U-Bahn Oslo mit über 99 Prozent Einsatzbereitschaft glänzen. Schlüsselkomponenten sind mehrfach in jedem Zug verbaut, so dass er weiterfahren kann, selbst wenn etwas ausfallen sollte.

Doch das ist leider Zukunftsmusik. Momentan fehlen täglich Dutzende aus jeweils zwei Wagen bestehende Viertelzüge im Betrieb. Im August waren laut VBB-Qualitätsbericht im Durchschnitt nur 482 Viertelzüge statt der eigentlich in diesem Ferienmonat erforderlichen 531 Zwei-Wagen-Einheiten im Einsatz. »Seitdem hat sich die Situation nicht verbessert«, sagt VBB-Sprecherin Elke Krokowski auf nd-Anfrage. Seit Monaten fallen daher nicht nur die Verstärkerzüge auf S1 und S5 aus, die im Berufsverkehr einen Fünf-Minuten-Takt sicherstellen sollen.

Hauptgrund für den Mangel ist der planmäßige Achstausch an den Wagen der von 1996 bis 2004 ausgelieferten Baureihe 481. Der beauftragte Hersteller lieferte jedoch zu spät, so dass die S-Bahn viele Züge abstellen musste, nachdem sie die Kilometerleistung erreicht haben. Zunächst Ende Oktober sollte der Rückstand abgearbeitet sein, dann wurde der Jahreswechsel avisiert. »Ich kann keinen Termin versprechen«, sagt S-Bahn-Chef Buchner nun auf nd-Anfrage.

Aber auch bei den beiden Altbaureihen 480 und 485 stehen umfangreiche Revisionen an. Ursprünglich sollten beide Typen nur für einen Übergangszeitraum bis 2023 fit gemacht werden. Doch der Senat will mehr Beförderungskapazität auch bei der S-Bahn. Und so prüft das Unternehmen, ob das zwingend für den Weiterbetrieb erforderliche Signalsystem ZBS in die Wagen des noch zu West-Berliner Zeiten entwickelten Typs 480 integrierbar ist. »Die Prüfung soll zum Jahresende abgeschlossen sein. Bis jetzt sind keine unüberwindbaren Hindernisse aufgetaucht«, sagt Buchner.

Der bevorstehende Fahrplanwechsel am 10. Dezember ist keine gute Nachricht für Nutzer der östlichen Ringbahn zwischen Treptower Park und Schönhauser Allee. Die S9 schwenkt dann vom Flughafen Schönefeld kommend über eine wieder in Betrieb kommende Verbindungskurve Richtung Innenstadt ab und wird künftig in Spandau statt bisher in Pankow enden. Damit werden die verbleibenden Züge auf dem Ostring noch voller werden, denn ein Ersatz ist nicht eingeplant. Dafür fehlen die Wagen.

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