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Adlershof: Feuerwehr blockiert die nächste Tramstrecke
Brandbekämpfer sorgen sich wie am Ostkreuz um zweite Rettungswege
Es läuft alles andere als rund beim Ausbau der Straßenbahn in Berlin. Nicht immer liegt das an der CDU-Verkehrspolitik, die lieber auf Magnetschwebebahnen, neue U-Bahnstrecken oder Doppelgelenkbusse setzt als das hocheffiziente Verkehrsmittel Tram, das in Berlin inzwischen auf eine 160-jährige Geschichte blickt.
Bereits zum zweiten Mal bei Plänen für Tram-Ausbau- und Neubaustrecken grätscht auch die Berliner Feuerwehr der BVG in ihre Vorhaben. »Das Planfeststellungsverfahren läuft derzeit noch. Alle Aspekte wurden besprochen«, erklärt die BVG-Pressestelle auf Anfrage von »nd« zum aktuellen Stand des Verfahrens für den zweigleisigen Ausbau der Strecke, die durch die Adlershofer Dörpfeldstraße verläuft.
Der Pferdefuß kommt im nächsten Satz: »Lediglich bei der Einrichtung des zweiten Rettungsweges für anliegende Gebäude und dem damit verbundenen Bau der Oberleitung bedarf es noch weiterer Abstimmungen.« Dass die Beteiligten noch weit von einer Einigung entfernt sind, lässt sich aus der recht allgemeinen Aussage schließen, dass man sich »in engem Austausch mit allen Beteiligten« befinde.
Feuerwehrproblem wie am Ostkreuz
Einen vergleichbaren Konfilkt gab es schon an anderer Stelle. Beim Planfeststellungsverfahren des Endlos-Projekts Straßenbahn-Anbindung Ostkreuz blockierte ein Streit zwischen BVG und Feuerwehr jahrelnad den weiteren Fortschritt. Insofern lässt die Nachricht zum Projekt in Adlershof nichts Gutes ahnen.
Der Ausbau der teilweise eingleisigen Strecke in der Dörpfeldstraße ist nicht nur wichtig für mehr Verkehrssicherheit und einen stabileren Betrieb der Linien, die den S-Bahnhof Adlershof mit Köpenick verbinden. Mit der Fertigstellung des neuen Betriebshofs wird die Strecke auch »wichtig für einen reibungslosen Betrieb«, unterstreicht die Pressestelle der BVG. Der Bau des rund 120 Millionen Euro teuren Vorhabens soll 2026 beginnen und 2030 fertig sein. Baurecht ist bereits erteilt worden.
Bemerkenswert ist der erneute Konflikt mit der Feuerwehr auch deswegen, weil es bei der geplanten Neubautrasse der Linie 21 durch die Friedrichshainer Sonntagstraße zum Bahnhof Ostkreuz bereits eine abschließende Einigung gibt. Es geht darum, wie Stromüberschläge von der Oberleitung auf Leiterwagen oder Hubrettungsfahrzeuge ausgeschlossen werden können, die bei einem Brand zur Löschung oder Evakuierung von Menschen eingesetzt werden.
Pragmatische Lösung in Friedrichshain
»Das Abschalten der Fahrleitung im betroffenen Speisebereich eines Feuerwehreinsatzes erfolgt grundsätzlich wie bisher im gesamten Straßenbahnnetz per Fernabschaltung der Fahrspannung durch die Technische Leitstelle der BVG«, heißt es in einer »nd« vorab vorliegenden Antwort der Senatsverkehrsverwaltung auf eine Anfrage des Linke-Verkehrspolitikers Kristian Ronneburg.
»Allerdings soll es im Bereich der Neubaustrecke Ostkreuz mehrere Erdungsschalter als neue Sonderkonstruktion für die Fahrleitungsanlagen geben, die sich durch die Feuerwehr-Einsatzkräfte vor Ort bedienen lassen werden«, heißt es weiter. Damit könne die Hilfsfrist der Berliner Feuerwehr »besser eingehalten werden«. Warum so eine Lösung nicht auch in der Dörpfeldstraße möglich sein sollte, bleibt offen.
Keine Grundsatz-Einigung
Nach nd-Informationen platzte der Knoten von BVG und Feuerwehr in der Sonntagstraße erst bei einem Spitzengespräch von Senatsverkehrsverwaltung, BVG, Oberer Bauaufsicht und der Berliner Feuerwehr im Frühjahr 2025. Doch offenbar ist damit keine generelle Einigung erzielt worden, sondern nur für den konkreten Einzelfall.
Es ist jedoch weiterhin unklar, wann und wie es weiter geht mit der Planfeststellung für die Tram Ostkreuz. »Der Anhörungsbehörde liegen aktuell noch keine vollständig überarbeiteten Unterlagen der Vorhabenträgerin vor«, teilt die Senatsverkehrsverwaltung mit.
»Eine erneute, vierte Auslegung der Unterlagen wäre nur bei wesentlichen Änderungen an der bisher veröffentlichten Planung notwendig. Diese kann – sofern erforderlich – stattfinden, wenn der Anhörungsbehörde die überarbeiteten Planfeststellungsunterlagen vollständig, fehler- und widerspruchsfrei vorliegen«, so die Verwaltung weiter.
20 Minuten längere Fahrzeit
Weil es beim Endlos-Projekt Tram Ostkreuz nicht vorangeht, ist inzwischen der Abschnitt der Linie 21 zwischen den Haltestellen Holteistraße in Friedrichshain und Marktstraße in Rummelsburg unterbrochen. Die über 40 Jahre alten Gleise sind verschlissen und weil die Trasse durch die neue Linienführung über das Ostkreuz ersetzt werden soll, wurde von einer Sanierung abgesehen.
»Das Planfeststellungsverfahren läuft derzeit noch. Alle Aspekte wurden besprochen.«
BVG
Einen Ersatzverkehr gibt es nicht, die Fahrgäste werden stattdessen für die drei Haltestellen auf die parallel fahrende Buslinie 240 verwiesen. Weil die Fahrpläne der Straßenbahn nicht geändert worden sind, verlängert sich die Fahrzeit dadurch um 20 Minuten – wenn der Bus halbwegs pünktlich fährt.
Fahrgastboom vor der Teilung
Damit ist eine Straßenbahnlinie zerstört worden, die trotz des unattraktiven 20-Minuten-Takts in den letzten Jahren einen regelrechten Fahrgastboom erlebt hatte. Nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung nutzten im Juni 2025 montags bis freitags rund 4500 Fahrgäste den Abschnitt zwischen S-Bahnhof Rummelsburg und Blockdammweg, samstags sogar über 6300 Fahrgäste. Zwischen Frankfurter Tor und Rummelsburg waren montags bis freitags immerhin knapp 3600, samstags über 5100 Menschen mit den Bahnen der Linie 21 unterwegs.
Kein Vergleich zu vorherigen Fahrgastzahlen. 2012 zählte die BVG gerade mal 1200 Fahrgäste täglich zwischen Frankfurter Tor und Blockdammweg. 2020 nutzten rund 2000 Fahrgäste die Verbindung, 2023 schließlich 1800 Menschen.
Zehn-Minuten-Takt Ende 2026
2026 stehen große Bauarbeiten auf dem Südabschnitt der Linie 21 an. Am Blockdammweg ensteht eine neue Wendestelle. Außerdem werden die nach über 40 Jahren verschlissenen Gleise in der Karlshorster Ehrlichstraße erneuert. Von Mai bis September fahren deswegen Ersatzbusse zwischen den Haltestellen Holteistraße in Friedrichshain und Traberweg in Karlshorst.
Im November soll schließlich das Wendegleis am Blockdammweg fertig sein. Dann soll endlich der lang versprochene Zehn-Minuten-Takt zumindest zwischen den Haltestellen Marktstraße und Blockdammweg kommen.
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