Kleine Politik, was nun?

Landtagsabgeordnete reden über drohende Neuwahlen auf Bundesebene

Dies hier ist der Landtag, nicht der Bundestag. Die Landtagsabgeordneten selbst haben mit dem Scheitern der Sondierungsgespräche über einer Jamaika-Koalition aus CDU, CSU, FDP und Grüne direkt nichts zu schaffen. Aber die Landtagsabgeordneten sind Politiker und interessieren sich natürlich sehr.

»Als Nichtbeteiligte stehen uns keine Schuldzuweisungen zu«, bemerkte SPD-Landtagsfraktionschef Mike Bischoff am Dienstag. »Ich bin erstaunt über das Verhalten der FDP, aber ich nehme es zur Kenntnis.« Bischoff fand den Entschluss der Bundes-SPD verständlich, nach der schlimmen Wahlniederlage in die Opposition gehen zu wollen. Aber jetzt ist er sich nicht mehr sicher, ob dies wirklich die richtige Entscheidung ist. In der Sitzung der SPD-Landtagsfraktion hat Bischoff gute Argumente gehört sowohl für die Bildung einer Minderheitsregierung als auch für Neuwahlen und ebenso für die Idee, die SPD sollte doch Koalitionspartner der CDU werden. Der Fraktionschef sieht eine Verantwortung der SPD, nicht locker zu lassen. Die Partei wäre auf Neuwahlen eingestellt, aber dies wäre ein schwieriger Weg.

Unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei auch viel richtig gemacht worden. Bischoff erinnerte an die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. Doch die große Koalition sei am 24. September abgewählt worden. Im Falle von Neuwahlen für eine rot-rot-grüne Koalition zu werben, dazu wollte sich Bischoff allerdings nicht durchringen. »Ich fürchte, da ist im Moment eine Menge Kaffeesatzleserei drin«, wehrte er ab. Bis jetzt sei die SPD immer gut damit gefahren, zu sagen: »Wir kämpfen für unsere Ziele.« Immerhin betonte Bischoff, die SPD habe eine Koalition mit der Linkspartei diesmal auch nicht ausgeschlossen. Doch habe es am 24. September keine Mehrheit für Rot-Rot-Grün gegeben.

Indessen hätte Linksfraktionschef Ralf Christoffers nach eigenem Bekunden nichts dagegen einzuwenden, im Wahlkampf den Bürgern die Alternative Rot-Rot-Grün aufzuzeigen. Das wäre richtig, meinte Christoffers am Dienstag. »Aber ob es dazu kommt, das hängt nicht von der LINKEN ab«, bedauerte er. Auch die Linksfraktion hatte in ihrer Sitzung zuvor über die gescheiterten Sondierungsgespräche geredet. »Ob es wirklich Neuwahlen gibt? Wir warten ab«, erklärte Christoffers.

Nach seiner Einschätzung ist es nicht allein wegen der internationalen Lage ungünstig, keine handlungsfähige Bundesregierung zu haben. Doch der Linksfraktionschef sieht auch andere Probleme damit. Eigentlich gehe es nicht an, monatelang einfach abzuwarten - beispielsweise wegen der Braunkohle. In den Sondierungsgesprächen sei von einem Fonds von einer Milliarde Euro für den Strukturwandel in den Braunkohlerevieren die Rede gewesen. Die Hälfte der Summe hätten die Länder übernehmen sollen, die andere Hälfte der Bund. 500 Millionen Euro wären nach Nordrhein-Westfalen geflossen, das übrige Geld nach Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. »Das wäre in keiner Weise ausreichend, um den Bedarf abzudecken.« Finanzielle Hilfen für den Kohleausstieg müssten unverzüglich auf den Weg gebracht werden, meinte Christoffers. Da bräuchte man nicht abwarten, ob bei eventuellen Neuwahlen womöglich eine schwarz-gelbe Bundesregierung an die Macht kommen würde. »Es geht nicht mehr um die Frage, ob wir aus der Kohle aussteigen, sondern wann wir aussteigen«, betonte Christoffers.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte am Dienstag, »wie die Mehrheit der Deutschen« bedauere er, dass aus Jamaika nichts werde. »Das wäre der Einstieg in den Ausstieg aus der Braunkohle gewesen.« Zu Rot-Rot-Grün wollte er gar nicht viel erzählen, da er nicht glaubt, dass sich die SPD in diese Richtung aufmachen werde.

Enttäuscht zeigte sich CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben: »Die Union soll regieren, aber alle anderen machen sich einen schlanken Fuß.« Senftleben versteht nicht, wie die SPD Jamaika wegen eines schnelleren Ausstiegs aus der Kohle fürchten konnte, selbst aber keine Verantwortung übernehmen wollte.

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