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Bewährungsstrafe für Schlecker

Landgericht Stuttgart verurteilt Schlecker-Kinder Meike und Lars zu Haftstrafen

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Urteil im Fall Schlecker ist gefallen. Am Montag erklärte das Landgericht Stuttgart, Anton Schlecker müsse spätestens seit Februar 2011 von der drohenden Pleite gewusst haben, trotzdem habe er Millionen Euro beiseite geschafft. Während die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe gefordert hatte, kommt der einstige »Drogeriekönig« mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren davon. Außerdem muss der 73-Jährige eine Geldstrafe von 54 000 Euro zahlen.

Seine Kinder Meike und Lars, denen zum Zeitpunkt der Insolvenz die Tochterfirma LDG gehörte, über die Schlecker die gesamte Logistik der Drogeriefilialen abwickelte, müssen dagegen ins Gefängnis. Das Gericht sah in ihrem Fall nicht nur den Vorwurf des Bankrotts als erwiesen an, sondern darüber hinaus Beihilfe zum Bankrott, Insolvenzverschleppung und Untreue. Im Fall von Lars Schlecker beschlossen die Richter zwei Jahre und neun Monate Haft, im Fall von Meike zwei Jahre und acht Monate. Rechtskräftig sind die Urteile noch nicht, eine Revision ist möglich.

Im Prozess ging es um die Frage, wann Schlecker wusste oder hätte wissen müssen, dass sein Unternehmen vor der Insolvenz steht. Ab diesem Zeitpunkt hätte er kein Geld mehr aus dem Unternehmen ziehen dürfen.

»Alles deutet darauf hin, dass Sie ab 2009 bereits damit gerechnet hatten und Vermögen gesichert haben«, sagte der Vorsitzende Richter Roderich Martis in seiner Urteilsbegründung. Die Familie habe bewusst Geld aus dem Unternehmen gezogen, um es vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. So überschrieb Anton Schlecker den Familienbesitz im baden-württembergischen Ehingen rechtzeitig auf den Namen seiner Frau Christa. Das Verfahren gegen sie wurde im Mai gegen eine Geldstrafe von 60 000 Euro eingestellt. Zudem soll Schlecker viel zu hohe Stundensätze an seine Logistik-Tochter LDG gezahlt haben, um Geld aus dem kriselnden Mutterkonzern abfließen zu lassen.

Bei den Kinder bezieht sich der schwerste Vorwurf auf eine Gewinnausschüttung vom Januar 2012. Wenige Tage vor dem Insolvenzantrag ließen sich beide je 3,5 Millionen Euro als Gewinnausschüttung von ihrem Unternehmen LDG auf Privatkonten transferieren. Für die Anklage ein klarer Fall von Untreue.

27 000 Beschäftigte verloren nach der Insolvenz ihren Arbeitsplatz, Gläubiger fordern rund 1,3 Milliarden Euro. Zu ihnen gehören auch ehemalige Beschäftigte. Ihre Ansprüche bewegen sich laut Insolvenzveralter Arndt Geiwitz im dreistelligen Millionenbereich. Diese seien entstanden, als die Schlecker-Filialen Ende Juni 2012 geschlossen wurde und die Beschäftigten freigestellt wurden. »Natürlich stand ihnen bis zu drei Monate Kündigungsfrist zu«, erklärt Geiwitz im Interview mit der »Süddeutschen Zeitung«. In dieser Zeit habe die Bundesagentur für Arbeit zwischen 60 und 66 Prozent des Arbeitsentgeltes gezahlt, stellte das der Insolvenzmasse aber in Rechnung. Die verbleibenden 33 bis 40 Prozent sind der Anspruch der Beschäftigten. Die Aussicht, dass sie dieses Geld jemals sehen werden, sei jedoch gering.

Der Prozess in Stuttgart wird wohl nicht der letzte gegen das Familienimperium Schlecker sein. In zwei Wochen beginnt im österreichischen Linz ein Zivilverfahren, in dem es um Forderungen des Insolvenzverwalters der ehemaligen Tochterfirma Dayli geht.

Die Reaktionen auf das Urteil sind gemischt. So teilte der Vorsitzende der LINKEN, Bernd Riexinger über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, er finde, Schlecker habe »eine Haftstrafe verdient«. Seine Parteikollegin Sabine Zimmermann nannte das Urteil dagegen eine »Mahnung an verantwortungslose Manager, die jegliches Maß beim Kampf um Profit und Geld verlieren«.

Die Gewerkschaft ver.di begrüßte das Urteil als »Antwort des Rechtsstaates auf diese Form der Wirtschaftskriminalität und fehlende Unternehmensverantwortung«. Stefanie Nutzenberger aus dem ver.di-Bundesvorstand wies darauf hin, dass sich unabhängig vom Prozess die Lage der ehemaligen Beschäftigten kaum verbessert habe. »Wenige haben einen etwa sozial gleichwertigen Arbeitsplatz bekommen, viele müssen sich auf materiell niedrigerem Niveau einrichten.« Mit Agenturen

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