Neue Linkspartei gegen Renzi

Italien: Vor den Parlamentswahlen 2018 ist das Mitte-Links-Lager nun zerfallen

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Nun ist es offiziell: Senatspräsident Pietro Grasso wird die neue vereinigte Linke Liberi e Uguali (Frei und Gleich) in den kommenden Wahlkampf führen. Am Sonntag versammelten sich in Rom 1500 Delegierte aus den Bewegungen Mdp (Progressive), Si (Italiens Linke) und Possibile (Möglich), um die neue Sammlungsbewegung links von der Demokratischen Partei (Pd) zu gründen. Prominente Namen der Pd wie Pierluigi Bersani, Pippo Civati, Roberto Speranza und Massimo D’Alema sind in dem neuen linken Bündnis vertreten.

Mit Pietro Grasso als Spitzenkandidaten will Liberi e Uguali zu den kommenden Parlamentswahlen antreten, die wahrscheinlich im März 2018 abgehalten werden. Die neue Bewegung hat sich die Förderung der Beschäftigung, soziale Gerechtigkeit sowie Integration auf die Fahnen geschrieben.

Eine solche Politik wäre mit dem wirtschaftsliberalen Kurs Matteo Renzis nicht zu vereinbaren. Deshalb hatten sich die Spitzenpolitiker in den vergangenen Monaten von Renzis Pd getrennt und sind eigene Wege gegangen. Die Bewegung für Demokratie und Fortschritt (Mdp) unter Führung des früheren Pd-Chefs Bersani hatte sich im Frühjahr gegründet. Umfragen zufolge käme sie bei Wahlen auf vier Prozent der Stimmen, nicht viel, aber genug, um die Pd an einem Sieg zu hindern.

Erst im Oktober hatte Pietro Grasso die Pd verlassen. Der langjährige oberste Antimafiastaatsanwalt Italiens hatte sich bereits beim Maxiprozess gegen Cosa Nostra Ende der 80er Jahre einen Namen gemacht. 2013 hängte Grasso die Justizkarriere an den Nagel und kandidierte für die Demokraten bei den Senatswahlen. Seither nimmt er die Funktion des Präsidenten der oberen Parlamentskammer wahr.

»Politik zu machen, ist eine Ehre und keine Schande«, erklärte Grasso auf dem Gründungskongress von Liberi e Uguali am Wochenende. Es gehe um die Zukunft Italiens, eine gerechte Zukunft mit Bildungschancen, Arbeit, einem ausgewogenen progressiven Steuersystem, um Rechte und Pflichten der Bürger. Für all dies stehe er ein, und mit ihm die neue Bewegung. Grasso wolle eine Allianz der Bürger für einen Neuanfang in Italien schaffen.

Dies könnte durchaus gelingen, aus der jetzt noch marginalen Prozentzahl könnte, gespeist von der Unzufriedenheit vieler Italiener mit den gegenwärtigen Verhältnissen, eine durchaus beachtliche werden. »Renzi ist ein Name der Vergangenheit, nicht der Zukunft«, erklärte denn auch Bersanis »rechte Hand« Roberto Speranza, der lange Zeit selbst dem Pd-Vorstand angehörte.

Der Pd-Chef konnte hingegen seine Wut kaum zügeln. »Die extreme Linke zu wählen heißt, Berlusconi und Salvini in die Arme zu arbeiten«, erklärte Renzi noch am Sonntagabend im Fernsehen. Denn die neue Bewegung würde einem Mitte-Links-Bündnis, geleitet von ihm selbst natürlich, schaden und Lega und Forza Italia die Chancen auf einen Sieg erhöhen. Nicht zu reden von der Bewegung 5 Sterne, die ebenfalls von einer zerstrittenen Linken profitiere.

Dass er selbst jedoch zur tiefen Spaltung im linken Spektrum beigetragen habe, will Renzi nicht eingestehen. Als Integrationsfigur - wie noch vor Jahren gedacht - kommt der einst agile Florentiner wohl nicht mehr in Betracht. Dies jedenfalls wird auch mit der Gründung der neuen linken Bewegung immer deutlicher.

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