Besser lesen, aber wie?

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach dem IQB-Bildungstrend im Oktober folgte im Dezember die internationale Grundschulleseuntersuchung (IGLU). In seiner Presseerklärung legt das Bundesministerium für Bildung und Forschung auf die Feststellung Wert, dass die »Leseleistungen der Viertklässler trotz zunehmender Heterogenität seit 2001 stabil über dem internationalen Mittelwert« liegen. Gleichwohl betont man die »großen Herausforderungen«, die mit der Heterogenität einhergingen. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, soll laut Ministerium künftig Lesen bis in die Sekundarstufe I hinein zur »Querschnittsaufgabe« und Schüler individuell gefördert werden. Die erforderlichen »didaktischen und diagnostischen Kompetenzen« sollen Lehrkräfte über Ausbildung und Fortbildung erwerben. Zudem wird gefordert, Eltern anzuregen, mit ihren Kindern zu lesen. Und das Wichtigste überhaupt aber sei die gesellschaftliche Wertschätzung der Grundschullehrkräfte (bmbf.de).

In der Erklärung des Ministeriums findet sich allerdings kein Wort über konkrete Schritte zur Umsetzung und zur Finanzierung der Vorhaben. Bei so viel Vagem verwundert es nicht, dass Medien und Kommentatoren mit allgemeiner Empörung reagierten. zeit.de, eher bekannt als Zeitung der Bildungsbürger, musste auffallend viele Kommentare wegen Verletzung der Netiquette löschen. Es gab in den Foren aber auch kluge Anregungen. So meint hey auf welt.de, dass Kinder »interessante Bücher« brauchen. Seine Tante habe sich in Buchläden beraten lassen und zu Hause alle »regelmäßig mit Büchern versorgt«. Auf spiegel.de überführt dollerdern die IGLU-Studie falscher Aussagen. »Es stört mich, dass von der Menge meiner Bücher auf das Bildungsniveau geschlossen wird. Bei dem Fragebogen meiner Tochter wurde nirgends abgefragt, ob wir regelmäßig in die Bücherei gehen. Das tun wir, denn ich habe mich mutwillig von vielen Büchern getrennt, um mehr Platz zu haben.«

Im selben Forum fordert hugotheKing die Journalisten auf: »Erkennt bitte, dass es hierzulande Menschen gibt, die trotz Jobs - ja manche Menschen müssen sogar mehrere Jobs annehmen - immer noch nicht ganz über die Runde kommen. Wie sollen dann deren Kinder mit Büchern, Nachhilfeunterricht, Vereinsgebühren versorgt werden? Die soziale Schieflage in diesem Lande ist der Hauptgrund der Bildungsmisere. Und: Nein, es hilft nicht, dass die Kinder der wenigen Besserverdienenden sehr gute Aussichten haben, weil sie bessere Bildungsmöglichkeiten genießen, wenn in diesem Lande viele Menschen aus Frust radikale Parteien wählen.« Lena Tietgen

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